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7'30, 34.14/3, 1 Der eidg. Landvogt spricht die Gemeinde von Hessenreuti schuldig, dem Stift von einer Wiese des Kehlhofs auch den Zehnten vom Grummet (Emd) abzuliefern, 1559.03.01 (Dokument)
Ref. code: | 7'30, 34.14/3, 1 |
Title: | Der eidg. Landvogt spricht die Gemeinde von Hessenreuti schuldig, dem Stift von einer Wiese des Kehlhofs auch den Zehnten vom Grummet (Emd) abzuliefern |
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Rechtsakt-Typ: | Urteilsspruch |
Überlieferungsform: | Original |
Ausstellungsort: | (Frauenfeld) |
Creation date(s): | 3/1/1559 |
Ausstellungsdatum: | an Mitwuch vor dem Sonntag Letare mitfasten |
Aussteller: | Melchior Gallati, des Rats zu Glarus, eidg. Landvogt im Ober- und Niederthurgau |
Adressat: | Stift St. Pelagii in Bischofszell; Gemeinde Hessenreuti; Gerichtsherr Niklaus Gall |
Regest: | Vor Melchior Gallati, des Rats zu Glarus, eidg. Landvogt im Ober- und Niederthurgau, der in Frauenfeld im Schloss Gericht [tagsatzung] hält, erscheinen Jakob Sailer, Propst, und Beat Blarer [Batt Blärer], Chorherr, beide des Stifts St. Pelagii in Bischofszell und als Anwälte desselben, Kläger, sowie die Gemeinde zu Hessenreuti [Hessenrüti], Beklagte. Die Vertreter des Stifts klagen, dass ihnen als Inhaber des kleinen und grossen Zehnten von Hessenreuti ohne Widerrede von allen Wiesen die Heuzehnten, wie gebräuchlich sei, ausgeschieden [usgezelt] werden sollen. Die Gemeinde sei aber der Meinung, von einer Wiese den Zehnten vom Grummet [den embd zächenden] nicht wie von anderen Wiesen geben zu müssen, sondern diese auszunehmen [ußzeschlüssen]. Sie fordern diesen Zehnten, da die Gemeinde nicht bestreiten könne, dass sie dem Stift den kleinen und den grossen Zehnten schuldig sei. Die Vertreter der Gemeinde berichten, der frühere Landvogt habe ihnen geboten [pott angleait], von dieser umstrittenen Wiese den Zehnten vom Grummet zu leisten. Da dieses Gebot aber gegen ihr uraltes Recht [wider ir alt harkommen und bsitzung] geschehen sei, hätten sie nun den Rechtsweg dagegen eingeschlagen [rëcht fürgeschlagen]. Darauf seien sie von den Klägern vor dem Gerichtsstab ihrer Gemeinde mit den Geboten bedrängt worden, obwohl sie der Meinung seien, "das dehainer von siner habenden possession und bsitzung noch dem gerichtß zwang mit potten ußgetriben, sonnder an dem end, da jeder gesässen, mit rëcht fürgenommen werden sölle". Heinrich Haag [Hagk] bittet darauf an Stelle des Niklaus Gall, Bürger von Konstanz und Gerichtsherr, der Landvogt solle ihn bei seinem Gerichtszwang bleiben lassen und seine Rechte nicht schmälern. Wenn die Kläger bei ihrer Forderung blieben, sei er bereit, ihnen den Rechtsweg (vor seinem Niedergericht) zu eröffnen [ains fürderlichen unverzognen rëchtens zu gestatten]. Die Kläger beharren auf ihrem Recht, die Sache vor den Landvogt zu ziehen, zumal vor kurzer Zeit ein Mandat erlassen worden sei [ain gemain edict und manndath ußgangen], wonach die Zehnten und Kirchengüter vor ihren Schirmherren (d.h. den Eidgenossen) bekräftigt werden sollten. Der verurteilten Partei stehe darauf die Berufung offen [wellicher tail dan mit urtail beschwärdt, dem sige die appellation nit abgestrickt]. Die Beklagten verweisen darauf, dass die Kläger nicht verneinen könnten, dass die Gemeinde seit eh und je in unangefochtenem Besitz des umstrittenen Zehnten gewesen sei. Darauf spricht der Landvogt zu Recht: Weil seit dem Landfrieden das Recht der geistlichen Güter und Zehnten immer von seinen Vorfahren, den Landvögten, oder vom Landgericht gebraucht worden sei, solle es dabei bleiben und die Gemeinde von Hessenreuti solle den Klägern Antwort schulden. Nach Ausgang dieses Urteils verlangen die Beklagten und auch der Anwalt von Nikolaus Gall vor der eidg. Tagsatzung Berufung dagegen einlegen zu können. Die Appellationsmöglichkeit wird ihnen darauf auf Antrag der Kläger vom Landvogt verwehrt, wogegen der Anwalt des Gerichtsherrn protestiert. Die Kläger tragen vor, dass vor Zeiten für die Zehnten in der Gemeinde nur Korn [nütz dann korn] gegeben worden sei, das Stift darauf aber zu seinem besseren Nutzen den kleinen und grossen Zehnten wieder habe einsammeln lassen, und zwar gemäss eines besiegelten Spruchbriefs vom 12.02.1508 [uff Sambstag vor sannt Valentins tag], in dessen Incipit Ueli und Hans Gsell, Vettern [gefettern], Klaus Schmid, Hans Mülibach, Martin Mock, Ueli Häuselmann [Huselman], Andres Steiger [Staiger], Jakob Jäck, Hensli Alt und Hensli Scherzinger, alle von Hessenreuti, sowie Walter Engeli zu Sulgen, Ueli Müller zu Oberriedt [Oberriet] und Michel Schümperli zu Hof erwähnt werden. Dieser Spruchbrief enthalte klar [haiter], dass den Herrn über Zins und Gült hinaus auch aller Zehnten gehöre. |
| Die Beklagten fechten diesen Urteilsbrief nicht an und geben zu, dass sie allen Zehnten von den Gütern des Kehlhofs geben müssen, behaupten aber weiterhin, dass sie vom Zehnten vom Emd-Zehnten der strittigen Wiese infolge der schweren Zeit [von wägen der widerwerttigen zyt] befreit seien, und möchten gerne Urkunden sehen oder Leute hören, die bezeugen, dass die Emd-Zehnten von dieser Wiese je geleistet wurden oder dass sie von Ulrich Scherzinger sel. oder anderen je darum ersucht worden seien. Darauf erwidern die Kläger, der besagte Scherzinger habe bei seinen guten Treuen angezeigt, dass ihm von dieser Wiese nichts abgeliefert werde und dadurch die Streitsache erst ausgelöst. Die Beklagten lassen vortragen, die Ansprüche seien nicht innert zehn Jahren, noch unter zwei Landvögten, sondern erst seit zwei Jahren erhoben worden. Auch sei es oftmals so, dass etliche Güter zehntfrei seien oder nur den vierten Zehnten leisten müssen, auch wenn in der Urkunde (generell) von Zehnten die Rede sei. Nach abgeschlossener Verhandlung spricht der Landvogt aufgrund der eingelegten Urkunde zu Recht, dass die Beklagten nicht verneinten, dass diese Wiese zum besagten Hof gehöre. Wenn bisher von dieser Wiese kein Emd-Zehnten bezogen worden sei, so aus Nachlässigkeit der Zehntknechte [uß hinlässigkait der zëchend knechten] oder weil der Zehnten von der Gemeinde abgesondert und um einen bestimmten Betrag verliehen worden sei. Aus diesem Grund soll es beim verlesenen Spruchbrief bleiben und dem Stift von der umstrittenen Wiese aller Zehnten von Grummet [ämbd] und Heu ausgerichtet werden. Beide Parteien verlangen Beurkundung des Urteils und die Anwälte der Gemeinde von Hessenreuti kündigen Appellation an die Eidgenossen an. |
Dorsualvermerk: | Sant Pelayen gestifft zu Byschoffzell. Urthel brief wegen dem heu und emd zehnten zu Heßenrüthi (von anderer Hand wiederholt). Mittwoch (Symbol) vor Lätare. |
Sprachen: | Deutsch |
Beschreibstoff: | Papier, fadengeheftet |
Anzahl Blätter: | 5 |
Format B x H in cm: | 22.1 x 32.8 |
Siegel und andere Beglaubigungsmittel: | Auf Bindfaden aufgedrücktes Wachssiegel, mit Papier belegt. Siegler: der Aussteller mit seinem eigenen Siegel |
Kommentar des Staatsarchivs: | Melchior Gallati von Glarus war 1558-1560 eidg. Landvogt im Thurgau. Der angesprochene Urteilsbrief vom 12.02.1508 befindet sich noch heute unter den Beständen des Stiftsarchivs (StATG 7'30, 33.16/13, 3). Das Verfahren besteht aus zwei Teilen. Im ersten fechten die Anwälte der Gemeinde und des Gerichtsherrn Niklaus Gall das Recht des Stifts an, mit obrigkeitlichen Geboten unter Umgehung eines niedergerichtlichen Urteils zu ihrem Recht zu gelangen. Nachdem der Landvogt gegen den Protest des Gerichtsherrn die Klage vor dem Landgericht unter Umgehung eines Verfahrens vor den (bäuerlichen) Richtern des Niedergerichts als zulässig erklärt und eine Appellation gegen diesen Verfahrensentscheid an die Tagsatzung ausgeschlossen hat, erfolgt die eigentliche materielle Beweisführung. Nach dem für die Beklagten ungünstigen Urteil erhalten diese die Möglichkeit, dagegen vor der Tagsatzung zu appellieren. |
Alte Signaturen: | Signaturen vor 1770/71: Numeri 21 (gestrichen und ersetzt durch: 22); D; Z Pupikofersche Signatur (1848): XIV.1547-1688 Chronologisches Urkundenverzeichnis (1888/96): - Zettelrepertorium (1937): 7'30'46 |
Level: | Dokument |
Ausprägung bei Ablieferung ans Staatsarchiv: | analog |
Konservierung/Restaurierung: | Risse/Fehlstellen geschlossen; trockengereinigt (2023). |
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Containers |
Number: | 1 |
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Usage |
End of term of protection: | 3/1/1579 |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | uneingeschränkt |
Accessibility: | Oeffentlich |
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URL for this unit of description |
URL: | https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=492610 |
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