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7'30 Bischofszell, St. Pelagius, 1179-1870 (Hauptfonds)
Identifikation |
Ref. code: | 7'30 |
Title: | Bischofszell, St. Pelagius |
Creation date(s): | 1179 - 1870 |
Level: | Hauptfonds |
Umfang |
Running meters: | 24.00 |
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Kontext |
Name der Provenienzstelle: | Kollegiatsstift St. Pelagii in Bischofszell; unter Aufsicht des kantonalen Finanzdepartements stehende staatliche Klosterverwaltung |
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben: | Die Ursprünge des Kollegiatstifts liegen in der Mitte oder am Ausgang des 9. Jhs. und sind verbunden mit einem Konstanzer Bischof namens Salomo. In der Stiftstradition werden teils Salomo I. (838–871), teils Salomo III. (890–910) mit der Gründung eines Klosters in Bischofszell in Verbindung gebracht. Die Forschung spricht in dieser Frage ebenfalls nicht mit einer Stimme, geht jedoch überwiegend bereits im 9. Jh. von einem bischöflichen "Hof" [curtis] aus, dem ein Konvent von Geistlichen (anfänglich vielleicht von Mönchen) bei der archäologisch ebenfalls ins 9. Jh. datierten Pfeilerbasilika am Platz der heutigen Kirche angegliedert war. Die meist aufeinander bezogene Entwicklung von Stift (die dem hl. Pelagius geweihte Stiftskirche samt Stiftshäusern auf dem "Hof") und Stadt (mit bischöflicher "Burg" in der befestigten Siedlung mit Stadtrecht) vermag jedenfalls bis 1798 die rechtliche Abhängigkeit Bischofszells vom Bischofssitz Konstanz wohl zu lockern, aber nie zu lösen. Der Ort bleibt bis zur Helvetik Gebietsteil des Fürstbistums Konstanz, auch wenn die Schutz- und Landeshoheit nach 1460 an die den Thurgau regierenden eidgenössischen Orte übergeht.
Gesicherten urkundlichen Boden betritt man erst mit der berühmten Circumscriptio Kaiser Friedrichs I. vom 27.11.1155, in der eine "prepositura in Bischoffescella" sowie eine "curtis in Biskoffescella" als Pertinenz der Konstanzer Bischofskirche genannt werden. Bereits fünf Jahre früher, am 11.06.1150 erscheint in einer Zeugenliste erstmals ein "Bertholdus prepositus S. Pelagii" im Gefolge der Konstanzer Domherren. Diesen Propst erwähnt auch die älteste im Bischofszeller Stiftsarchiv liegende Urkunde, die an einem 26. Dezember zwischen 1179 und 1182 gefertigt wurde.
Aber erst ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts beginnt eine einigermassen kontinuierliche urkundliche Überlieferung im Stiftsarchiv selbst. Diese zeigt uns ein dem Konstanzer Hochstift unterstelltes Niederstift mit einer Pfründe für den Probst und 9 Chorherrenpfründen, wovon eine für den Kustos und eine für den Pleban (Seelsorger in der Stiftskirche) reserviert sind. Zum Stift ohne Stimmrecht im Kapitel gehören auch bis zu 9 Kapläne. Formelles Oberhaupt des Kollegiatstifts ist der Propst – bis 1632 stets ein Konstanzer Domherr mit Residenzpflicht am Hof des Bischofs. Die Geschäftsleitung liegt deshalb faktisch in den Händen des Kellners [cellerarius] und ab dem 14. Jh. in denen des Kustos, der im Unterschied zum Propst stets in Bischofszell residiert und nach Statut von den Chorherren gewählt wird. Die Chorherren bilden das Kapitel, in dem sich im 15. Jh. eine Hierarchie von geschäftsführendem Kustos und einem Senior als "primus inter pares" herausbildet. Die Verwaltung der Güter und Einkünfte liegt ab dem 16. Jh. in den Händen eines Stiftsamtmanns, der stets ein Laie ist. Ein Chorherr als Prokurator verwaltet die Kirchenbauten (die sogenannte "fabrica"); der Schulmeister [magister scholarum, ludimagister, schůlmeister] scheint anfänglich ein Geistlicher gewesen zu sein, ist aber ab dem späteren 15. Jh. ein Laie. Das ursprünglich nach der Aachener Kanonikerregel verlangte Leben in gemeinsamen Räumen [vita communis] ist schon im 13. Jh. nicht mehr erkennbar, was sich auch in den Stiftsbauten ausdrückt: Jeder Chorherr bewohnt einen eigenen Stiftshof. Man versammelt sich zum gemeinsamen Chordienst in der Kirche und zum Kapitel in der Stube eines Chorherrn oder in der Sakristei.
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| Das Stift verfügt in seiner ganzen Geschichte über einen weitverstreuten Güterbesitz aus Lehens- und Pfrundgütern von der Gegend um Berg auf dem Seerücken im Norden über das Aachtal, das mittlere Thur- und untere Sittertal bis hin zur Grenze der Fürstabtei St. Gallen im Süden. Vereinzelte Zins- und Lehensgüter liegen auch verstreut in der weiteren Nachbarschaft, so im stiftssanktgallischen Niederhelfenschwil bzw. Zuckenriet oder in der konstanzischen Vogtei Eggen bei Bottighofen. Einen geschlossenen Herrschaftskomplex bildet das Gebiet der ehemaligen Ortsgemeinde Gottshaus. Hier üben Propst, Kustos und Kapitel des Kollegiatsstifts auch die niedere Gerichtsbarkeit aus. Wichtige Einnahmequellen resultieren aus den Zehntrechten im Pfarreisprengel der Kollegiatskirche St. Pelagii in Bischofszell, wozu Hauptwil mit einer Schlosskapelle, Gottshaus mit der Kapelle St. Pelagiberg und die Schlosskapelle in Oetlishausen gehören. Spätestens seit dem bischöflichen Privileg von 1359 ist die gesamte Pfarrei Sulgen mit den Filialen Berg, Bürglen und Seliswil (Neukirch a. d. Thur) sowie der Kapelle in Heldswil und damit wohl die flächenmässig umfangreichste Pfarrei im Thurgau dem Stift inkorporiert.
Zur Versorgung des Kollegiatstifts und zu zusätzlichen Einkünften aus dem Fischhandel tragen auch die in den 1430-er Jahren planvoll angelegten fünf Fischweiher zwischen Wilen und Hauptwil bei, die von einem Aufseher reguliert und bewacht werden. Ein Stiftsbau hinter der Kirche, das sogenannte "Reffenthal" (von "refectorium") unter dem Stiftsamtmann als Buchhalter dient als Kornschütte, Sammelplatz für die Naturalabgaben, Gaststätte für die weit hergereisten Lehensträger und als Umschlagsplatz der eingenommenen Güter.
In der Reformation tritt die gesamte Bürgerschaft Bischofszells und mit ihr auch die Mehrheit der Chorherren und Kapläne des Pelagiusstifts zum neuen Glauben über. Der reformatorische Bildersturm am 12. Februar 1529 schädigt die mittelalterlichen Kirchenzierden nachhaltig, lässt aber den Stiftsbesitz selbst unangetastet. Dieser wird auch von den (teilweise nur vorübergehend) neugläubig gewordenen Chorherren gegen die Begehren der Bauern nach Zinserlassen verteidigt. Nach der Niederlage Zürichs bei Kappel und am Zuger Berg Ende 1531 erklären sich drei Chorherren gegen die Reformation, und die katholischen Orte erzwingen gegen den Widerstand der Stadtbürgerschaft die Wiedereinführung der Messe und die Wiederaufnahme der Jahrzeit-Feiern. Der Stiftspropst behält die Kollatur über den Kirchensatz der Pfarreien Sulgen (samt Filialen) und Bischofszell und setzt formell auch die evangelischen Geistlichen (die „Prädikanten“ und den Diakon der sog. „Helferei“ in Bischofszell) ein und entlohnt diese aus den Stiftsmitteln. Die Verpflichtungen des Stifts gegenüber den evangelischen Gemeinden, ihren Geistlichen, ihren Pfarrhäusern sowie ihren Kanzeln und Taufsteinen in den paritätischen Kirchen ist immer wieder Gegenstand erbitterter Konflikte, die oft bis an die Tagsatzung weitergezogen werden. Durch eine päpstliche Bulle von 1617 sichern sich die katholischen Orte („Kollaturstände“) das Recht, im Turnus das Amt des Propstes und weitere Stiftspfründen mit Geistlichen aus ihren Ländern zu besetzen. Der Umfang dieser Promotionsrechte der Inneren Orte ist im 17. Jh. umstritten. Das Kapitel kann sich in einem aufwendigen Kampf (dem sogenannten Püntener Handel) 1680 das Wahlrecht bei der Besetzung des Kustosamtes sichern. Da der Propst nur einmal jährlich am Generalkapitel teilnehmen muss, schwindet ab 1632, als die Kollaturstände das päpstliche Privileg erstmals durchsetzen, Bedeutung und Einflussmöglichkeit des Propstes. Dieser geniesst nun in aller Regel seine Einkünfte aus der Bischofszeller Präbende, ohne stark in das Leben des Stifts einzugreifen, und versieht in erster Linie seine geistlichen Ämter in den Inneren Orten.
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| Das Stift durchlebt nach der Reformation bis zum Amtsantritt Johann Jakob Blarers von Wartensee (Propst 1578-1610) eine Phase der Konsolidierung, in der das Verhältnis zu den vorwiegend evangelischen Nachbarn in der Stadt und Untertanen auf dem Land überwiegend durch Kompromiss und Ausgleich geregelt wird. Allerdings verschlechtert sich unter Propst Hieronymus Kyd aus Schwyz (1567-1578) durch eine Reihe von heute nicht mehr restlos nachvollziehbaren Käufen und Verkäufen die finanzielle Lage des Stifts und - glaubt man den oft polemischen Urteilen nach seiner erzwungenen Resignation - auch die Sitten und das Pflichtbewusstsein des Konvents. Mit Propst Blarer zieht dann ein entschiedener Verfechter der Beschlüsse des 1563 beendeten Konzils von Trient in Bischofszell ein, der in harten Kämpfen gegen einen widerspenstigen Konvent eine Statuenreform durchsetzt, die Konventualen diszipliniert und über Sparmassnahmen die Finanzen wieder unter Kontrolle bringt. Blarer ist jedoch auch ein entschiedener Verfechter der Gegenreformation. Die paritätischen Verhältnisse, die in Bischofszell auf der Grundlage des 2. Landfriedens herrschen, sind ihm ein Gräuel. Mit ihm setzt eine entschieden gegenreformatorische Politik ein, deren Ziel es ist, die konfessionellen Verhältnisse zu Gunsten der Altgläubigen zu verändern. Das führt im 17. Jahrhundert in Berg (wo das Stift vorübergehend unter grossen finanziellen Opfern die Gerichtsherrschaft übernimmt) und im Gerichtsbezirk Gottshaus zu einem teils markanten Anstieg des katholischen Bevölkerungsanteils mittels gezielter Einbürgerungen und von Konversionen, bei welchen auch ganz offen wirtschaftlicher Druck über die Bedingungen bei der Vergabe von Lehen eingesetzt wird.
Das 17. Jh. ist geprägt durch eine Reihe teils mühsamer Rechtshändel: Besonders kostspielig war der 1656 auf Bitten des Bischofs zustandegekommene Kauf der Gerichtsherrschaft Berg sowie deren verlustreicher Verkauf 1676 an Fidel von Thurn. Im letztlich für das Stift verlorenen Kampf gegen die Witwe von Ammann Etter aus Birwinken um Fall- und Lass-Abgaben 1673 und während des sogenannten Püntener-Handels, in dem das Kapitel nach langem Prozess sein Recht auf freie Wahl des Kustos 1680 verteidigen konnte, beliefen sich die Verfahrenskosten, zu denen auch kostspielige Geschenke beim Erwerb von Ortsstimmen zählten, auf immense Summen, die das Stift zu Sparmassnahmen, d.h. vor allem zur Nichtbesetzung von Pfründen, zwangen.
Mit dem vierten Landfrieden von 1712 werden auch die Verhältnisse in den Pfarreien im Kollaturbereich des Stifts und in den Gerichten von Bischofszell und im Gottshaus im Sinne von Parität und Proporzionalität neu geregelt. Das Auftreten der Untertanen in den Gerichts- und Kirchgemeinden wird sichtbar selbstbewusster. Auch die Zeit der inneren Stürme im Konvent ist vorbei, und sogar ein Verfahren wegen ungetreuer Geschäftsführung gegen Kustos Franz Joseph Jauch (1770-1796) wird ohne grössere Turbulenzen durchgeführt und endet lediglich mit einer Entlastung des in Amt und Würden belassenen Kustos von den ihn offensichtlich überfordernden Aufgaben der Rechnungsführung.
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| Die Umwälzung von 1798 trifft das Kollegiatsstift Bischofszell nicht unvorbereitet. Im Stiftskollegium sitzen auch Geistliche mit Sympathien für die Ideen der Aufklärung und Verständnis für die Emanzipationsbestrebungen der thurgauischen Bevölkerung, allen voran der spätere Kustos Joseph Franz Emanuel Schuler. Die staatlichen Eingriffe in die Verwaltung scheinen sich in der Helvetik auf die Requisition von Urkunden, die Erhebung eines Inventars durch die Bürger Dölly von Uttwil und Diethelm von Bischofszell (als Grundlage für die spätere fiskalische Belastung) und auf den Novizenstopp beschränkt zu haben.
Das Dekret vom 1. Mai 1804 bringt auch formell die Wiedereinführung der Selbstverwaltung für Klöster und Stifte, und mit dem Klostergesetz vom 9. Mai 1806 wird auch die Besetzung verwaister Pfründen wieder möglich. 1808/1809 bricht ein ins 16. und 17. Jh. zurückreichender Streit um die sogenannte Pfrundverbesserung der evangelischen Pfarrei Sulgen erneut aus. Das Stift, noch immer Kollator der Pfarre Sulgen, besoldet in dieser weitläufigsten aller thurgauischen Pfarreien, die zu 4/5 aus Protestanten besteht, nur gerade einen evangelischen Prädikanten, der auch noch die Gemeinden in Berg und Erlen zu versorgen hat. Die Evangelischen verlangen, dass die nach Bischofszell fliessenden Kirchenzehnten proportional für die Bedürfnisse ihrer Kirchgemeinde zu verwenden seien, da sie zum Kirchensatz gehören.
Der Streit um die Sulgener Pfrundverbesserung wird überlagert durch die Bestrebungen des jungen Kantons, die Kollaturrechte der VI katholischen Stände, die sich seit 1617 auch auf das Stift erstrecken, als Rechte des Souveräns zu beanspruchen. Die Rückweisung dieses Anspruchs durch die Tagsatzung am 19. Juli 1805 erweist sich für das Stift bald als Pyrrhus-Sieg, denn die dadurch nötig werdende Ablösung dieser Kollaturturrechte im September 1810 muss nach dem Willen des Regierungsrates vollständig aus den Mitteln des Stifts finanziert werden. Dieses hat die Aversalsumme von 21’000 Gulden aufzubringen. Ob und wie weit die Ablösung der Feudalabgaben, vor allem der Ausfall der Lehenszinsen, langfristig die finanzielle Substanz des Stifts beeinträchtigt, ist hier nicht zu beurteilen und wäre eine Untersuchung wert.
Der Kanton als neuer Inhaber des Kollaturrechts verhält sich in der Folge äusserst restriktiv bei der Neubesetzung vakanter Pfründen. Nach dem Tod von Propst Arnold 1819 lässt der Kleine Rat die Propsteipfründe unbesetzt. 1825, nach dem Tod von Custos Schuler, lässt der Regierungsrat zwar mit Johann Joseph Hungerbühler aus Sommeri nochmals einen Nachfolger zu, nach dessen Tod 1842 bleibt aber auch dieses Amt unbesetzt. Mit der einzigen Ausnahme der Pfarrherrenpfründe (der Stelle des Stiftsplebans) werden die durch Tod frei werdenden Chorherrenstellen vakant gelassen. Diese Politik zeitigt die Konsequenzen, dass das Stiftskollegium zwar personell beständig abnimmt, die zunehmende Zahl vakanter Pfründen jedoch die nach 1810 angeschlagene finanzielle Basis des Stifts verbessert und diesem ermöglicht, die fiskalischen Verpflichtungen gegenüber dem Kanton zu erfüllen.
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| Von der ab 1831 verschärften Klosterpolitik von Parlament und Regierung des Kantons Thurgau ist das Stift nur am Rande betroffen. Der vom Grossen Rat 1811 bestellte Stiftsverwalter Theodor Henseler sen. bleibt der ökonomische Administrator, und das auf vier, 1837 auf drei und 1842 auf zwei Chorherren geschrumpfte Stiftskapitel bleibt de jure ein Kollegiatstift. 1836 schlägt der Katholische Kirchenrat in einem Gutachten vor, dieses in eine Bildungsstätte für katholische Geistliche umzuwandeln und damit der Zukunft zu erhalten. Aber da der Grosse Rat sich 1837 nicht zwischen diesem Vorschlag und der endgültigen Aufhebung entscheiden kann, wird das Stift unter strenger staatlicher Oberaufsicht weitergeführt und 1845 der Kämmerer des paritätischen Kirchenrates mit der Sichtung der Rechtstitel und der Erstellung von Rechtsgutachten zu den verschiedenen offenen Frage beauftragt (vgl. Bestandsgeschichte).
Nach dem grundsätzlichen Beschluss zur Klosteraufhebung erklärt erklärt der Grosse Rat des Kantons Thurgau am 22. September 1852 das Kollegiatstift Bischofszell samt dessen provisorischer Verwaltung für aufgehoben. Er löst aus dem ansehnlichen Stiftsvermögen die Kollaturverpflichtungen des Stifts gegenüber den diversen Kirchgemeinden ab, teilt den beiden letzten noch lebenden Chorherren Pensionen zu und übergibt den Rest einem vom katholischen Kirchenrat verwalteten Fonds. Damit erlischt die älteste religiöse Stiftung auf Thurgauer Boden. |
Bestandsgeschichte: | Schon im späteren Mittelalter sind die wichtigen Privilegien, Verträge und Besitztitel des Stifts systematisch gesammelt und geordnet aufbewahrt worden. Dies zeigt die beachtliche Überlieferung von rund 540 vorreformatorischen Pergamenturkunden. Allerdings sind aus dem Mittelalter keine Bücher, insbesondere keine der oft in älteren Urkunden und Rödeln genannen Urbare, erhalten. Dass es solche Bücher gegeben haben muss, zeigt eine Bemerkung in den 1578 aufgesetzten Statuten, wo von einem "pergamentinen" Urbar die Rede ist (7'30, 1.2/15), während die ältesten erhaltenen Urbare Papierhandschriften sind und aus der Mitte des 17. Jhs. stammen. Diese Bemerkung von 1578 erhellt zudem, dass für den Abgang vorreformatorischer Urbare kaum die Wirren der Reformationszeit 1528-31 verantwortlich gewesen sein dürften.
Die ältesten auf den Rücken der Dokumente angebrachten Archivsignaturen sind arabische Ziffern, denen die Bezeichnung "numeri" (Gen. für "numerus", Zahl) vorangestellt ist. Oft stehen die Ziffern dieser numerischen Zählung auch alleine unter einem Strich von der Breite der Zahl oder sie sind auf rautenförmige und auf dem Spitz stehende Papieretiketten dorsual aufgeklebt. Es ist anzunehmen, dass auch die durchnummerierten Urkunden schon im 15. Jh. nach thematischen Gesichtspunkten in Laden aufgeteilt worden sind, aber Gewissheit über diese erste grobe Struktur des Archivs gibt uns erst das älteste erhaltene Archivverzeichnis, das am 25.09.1560 begonnen wurde. Dieses gelangte erst auf 1977 auf Umwegen aus Schwyzer Privatbesitz ins Staatsarchiv und zeigt eine Einteilung des Urkundebestandes in vier Laden A, B, C und D (StATG 7'30, 0/0, vgl. dort den Kommentar). Teilverzeichnisse weiterer Laden sind als Faszikel mit ausführlichen Titelregesten in verschiedenen Abteilungen des Stifsarchivs erhalten geblieben, so eines von 1555 für die Urkunden der Marienkaplanei und Pfarrpfründe, und gleich drei aus dem Jahre 1561 für die Urkunden der Kustorei (StATG 7'30, 5.Cu/16) und der Allerheiligenkaplanei (StATG 7'30, 11.SS/5a) sowie für die in den Gottshausgerichten gefertigten grundherrschaftlichen Urkunden (StATG 7'30, 24.SP/3). Das letztgenannte Teilverzeichnis nennt den Schreiber dieser Regestensammlungen: den öffentlichen Notar Kaspar Adam Moser. Dies deutet darauf hin, dass das Archiv um 1560/61 mit fachmännischer Hifle - und möglicherweise zum erstenmal - systematisch geordnet und erschlossen worden ist.
Über den Standort des Archivs sind wir schlecht unterrichtet. In einer Dorsualnotiz von 1550 wird von der Aufbewahrung von Urkunden "in der kirchen" gesprochen (StATG 7'30, 16.9/10). Dies kann nur ein abgeschlossener Raum gewesen sein, am ehesten die Sakristei, die als Verwahrungsraum der Kirchenzierden mehrfach genannt wird und die schon 1480 Actum-Ort für eine Beurkundung ist (StATG 7'30, 2.1/11). In den Statuten von 1578 wird die Verwahrung der Petschaft im Sigeltal geregelt (StATG 7'30, 1.2/15). Mit dem Begriff Sigeltal ist in dieser Zeit üblicherweise der Aufenthaltsort der Urkunden, aber auch der Siegel gemeint. 1603 verlangt der Propst, dass das Archiv und die Kirchenzierden vorübergehend in einem Fass verwahrt und nach Konstanz in Sicherheit gebracht werden (StATG 7'30, 38.30/20). Dass die Kirchenzierden mit dem Archivschlüssel verwahrt werden, wie es 1605 heisst (7'30, 16.8/5), deutet ebenfalls auf die Sakristei als Archivstandort hin. Die Obhut über das Archiv oblag zwei oder drei älteren Chorherren und Schlüsselinhabern (das Schloss konnte nur mit zwei bzw. drei Schlüsseln gleichzeitig betätigt werden). 1780 wird Kustos Jauch in einem Verfahren wegen unordentlicher Rechnungsführung auf immer vom "Archivistenamt" ausgeschlossen und muss den Archivschlüssel abgeben (StATG 7'30, 22.31/2, 1; StATG 7'30, 22.31/2, 8), ein Hinweis darauf, dass - zumindest vorübergehend - der Kustos auch "Archivist" und sein Haus vielleicht Archivstandort war.
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| Die bischöflichen Visitationsprotokolle mahnen die Chorherren regelmässig, besser zum Archiv und seiner Ordnung Sorge zu tragen, so 1644 und 1700 (StATG 7'30, 22.31/1, 4 bzw. StATG 7'30, 22.31/1, 10), und 1781 wird eine bessere Registrierung der zeitweise dem Archiv entnommenen Akten verlangt (StATG 7'30, 22.31/1, 13). Zu allen Zeiten, aber besonders im 17. Jh. sind Hinweise in den Urkunden zu finden, die zeigen, dass Rückgriffe auf Archivalien in Rechtshändeln zur Wahrung der Stiftsinteressen unentbehrlich waren. Auch historiographische Fragen, wie die Sukzession der Pröpste seit den Anfängen des Stifts, werden durch Archivrecherchen beantwortet (StATG 7'30, 4.Pr/10 von ca. 1631). 1633 verlangt der eidg. Landvogt in einer Weisung ans Stift und andere Gerichtsherren ausdrücklich Nachforschungen in den Archiven, um sich Klarheit über die ursprünglichen Rechtstitel der reformierten Pfarrherren zu verschaffen (StATG 7'30, 40.2/6, 0).
Nach einem starken Anstieg der schriftlichen Überlieferung gegen den Ausgang des 15. Jahrhunderts bleibt die Anzahl der pro Jahr erhaltenen Dokumente zwar kurzfristig immer wieder grossen Schwankungen ausgesetzt und ist trotzdem im Mittel erstaunlich konstant. Sich länger hinziehende Konflikte wie die Querelen rund um den Verkauf der Herrschaft Berg, der Prozess mit der Witwe von Landrichter Etter aus Birwinken und der Püntener-Handel führen in der zweiten Hälfte des 17. Jhs. zu vorübergehenden Ausschlägen nach oben. Von einem exponentiellen Anstieg der Überlieferung kann aber keine Rede sein: Im Gegenteil gehört gerade der Ausgang des 18. Jhs. zu den schlecht dokumentierten Zeiten. Dass man von dieser Beobachtung am erhaltenen Material nicht auf den tatsächlichen Ausstoss an Schriftlichkeit schliessen darf, beweist schon die äusserst lückenhafte Überlieferung ursprünglich seriell vorhandener Gattungen wie der Grundzins- und der Zehntrödel, aber auch der Jahresrechnungen der Stiftsamtmänner. Nicht einmal die zentrale Reihe der Kapitelprotokollbücher, deren Überlieferung erst 1598 einsetzt, hat sich vollständig erhalten. Besondere Beachtung bei einer genaueren Untersuchung der Struktur des Archivs verdienten die Stiftsamtmänner: Sie sind gewissermassen die Kanzlisten der Stiftsverwaltung. Ihre Anstrengungen und Nachlässigkeiten, ihre Erfolge und Misserfolge schlagen sich nach der Beobachtung des Bearbeiters quantitativ und qualitativ im Archiv deutlich nieder.
Das gilt in besonderem Masse für den letzten Stiftsamtmann unter dem Ancien Régime. Johann Joseph Anton Tschudi aus Glarus hat gemeinsam mit drei Kapitularen und unter direkter Mitwirkung von Kustos Franz Joseph Jauch 1770/71 das Archiv neu registriert und geordnet. Ob damals die 1847 auch von Pupikofer übernommene Einteilung und Bezeichnung der verschiedenen Abteilungen und Laden nur übernommen oder neu organisiert worden ist, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen; einige der Laden-Signaturen lassen sich jedenfalls dorsual schon früher nachweisen. Das aus dieser Archivrevision erhaltene Archivrepertorium, geschrieben hauptsächlich von der Hand Tschudis, enthält im Anhang ein vom Kustos selbst angelegtes Register über Rechnungen, Urkunden und Akten [rechnungen, brieff & schrifften], die neben dem Archiv in drei Kästen aufbewahrt worden sind. Wann dieser "tote" Archivteil angelegt worden ist, lässt sich nicht genau feststellen. Der Hauptteil der darin aufbewahrten Schriftstücke stammt noch aus dem 16. und 17. Jh., aber einzelne Serien sind bis 1769, d.h. bis ins Vorjahr von Jauchs Amtsantritt in diese Kästen gelegt worden (StATG 7'30, 0/1).
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| Kustos Jauch registrierte die einzelnen Teile des "toten" Archivs mit arabischen Ziffern (denen Pupikofers Hand später römische Ziffern seiner eigenen Zuordnung beifügte), unternahm jedoch nicht den Versuch, sie den Abteilungen des "lebenden" Archivs zuzuordnen. Dass die Urkunden und Akten in diesen "nebend den archiv-sachen" liegenden Kästen im Prinzip zur Kassation freigegeben waren und ihre Bewahrung als Glücksfall bezeichnet werden muss, zeigen die unzähligen dorsualen Bemerkungen von der Art "ligt nichts an dißen sachen" (StATG 7'30, 37.38/7), "ligt nichts darann" (StATG 7'30, 16.9/8) oder - im Falle eines rechtsgeschichtlich besonders bedeutsamen Hörigenverkaufs von 1332 - "kan nit finden, das si der stifft ettwas nützen" (StATG, 27.12/1).
In der Helvetik wurden auch in Bischofszell wie in den anderen thurgauischen Gerichtsherrschaften die aktuellen Gerichtsprotokollbücher durch die neuen kantonalen Behörden eingezogen und gelangten im Falle des Stifts erst in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. wieder in den nun im Staatsarchiv liegenden Bestand zurück. Ansonsten verzeichnet das Repertorium Pupikofers von 1847 nur wenige Verluste von bereits 1771 registrierten Dokumenten. Johann Adam Pupikofer, evangelischer Diakon von Bischofszell, Kämmerer des paritätischen Kirchenrates und später Dekan des Oberthurgauer Kapitels, war nach einem Beschluss der Regierung, die das Departement des Inneren ermächtigte, das Stiftsarchiv öffnen und unter Beihilfe von Sachverständigen untersuchen zu lassen (StATG 3’00’86, § 2287, Protokoll der Verhandlungen des Kleinen Rats des Kantons Thurgau vom 03.09.1845.), mit der Registrierung des Archivs betraut und mit der Klärung von alten Rechtstiteln und Besitzständen des Stifts beauftragt worden. Er begann seine Arbeit schon 1845, lieferte 1846 die verlangten rechtshistorischen Gutachten und schloss Ende 1847 sein Repertorium über das Archiv des Kollegiatstifts ab (StATG 4’391’1, 5; Schreiben Pupikofers an die Regierung vom 22.11.1847). Pupikofer folgte darin der Ordnung des Repertoriums von 1770/71, übernahm die Zweiteilung in "lebendes" und "totes" Archiv sowie die Signaturenordnung und verbuchte Neufunde und Verluste. Die Feinerschliessung hat gezeigt, dass er nicht alle Dokumente, die er dorsual annotierte und teilweise auch einzelnen Fonds zuordnete, in seinem Verzeichnis auch registrierte. Pupikofer blieb darauf bis 1856 de facto für das Stiftsarchiv zuständig (vgl. StATG 7’30’58, Dossier A) und war in dieser Funktion zusammen mit dem vom Staat bestellten Stiftsverwalter Theodor Henseler zuständig für temporäre Ausleihen und für Verschiebungen von Archivalien aus dem Stiftsarchiv in das neu geschaffene Archiv der katholischen Kirchgemeinde Bischofszell. Anfänglich erfolgten diese Abgaben unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass "dieselben nach Beendigung des Prozesses wieder zurück zu stellen" seien (ebd.). Pupikofer hätte wohl von Beginn weg lieber Abschriften als Originale herausgegeben, wie er schon im März 1846 den Behörden mitteilte, gestand aber gleichzeitig ein, dass es ihm für diese Aufgabe an einem "geeigneten Copisten" mangele (vgl. Pupikofers Bericht Bb 2 in StATG 4’391’1, 5). 1856 liess Pupikofer das bis dahin immer noch in Bischofszell liegende Archiv nach Frauenfeld transportieren (Bruno Meyer, Geschichte des thurgauischen Staatsarchivs, S. 162, Anm. 157), wo es unter der direkten Aufsicht von Regierungsrat Johann Ludwig Müller stand und vorerst im Redinghaus und dann im Frauenfelder Rathaus eingelagert wurde, bevor es in den neu gebauten Archivräumlichkeiten im kantonalen Regierungsgebäude untergebracht wurde (ders., S. 160-169). In die Zeit von Müllers Zuständigkeit, noch vor dem Amtsantritt Pupikofers als erster Staatsarchivar (1862), kam es zu den empfindlichsten Abgängen von Dokumenten aus dem gewachsenen Bestand.
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| So übernahmen 1857 in Frauenfeld R. Ramsperger und Dekan Meyle vom Katholischen Kirchenrates zuhanden der Katholischen Kirchgemeinden Sulgen und Bischofszell Dutzende von Urkunden und ganze Aktenbündel mit Dokumenten zu Kanonikatspfründen, Anniversarstiftungen, Reliquientranslationen, die unter den Begriff des "Pastoralen" fielen, aber auch alte Kirchenfabrikrechnungen, die nur durch Zufall im so genannten "toten" Archivteil überlebt hatten (vgl. die entsprechenden Verzeichnisse in der noch nicht erschlossenen Schachtel "Klosterarchive" im StATG). Wo Pupikofer seinerzeit Abgaben an Kirchgemeindearchive noch im Repertorium vermerkt hatte, wurden diese Verluste nun nicht mehr registriert und traten erst bei einer nächsten Archivrevision in der Mitte des 20. Jhs. ins Bewusstsein der Archivare. Mehrere trotzdem im Staatsarchiv verbliebene Jahrzeit-Urkunden belegen eine gewisse Beliebigkeit hinter dem Abtransport "pastoraler" Archivalien. Die "fehlt"-Bezeichnung hinter den Titeln aus dem Repertorium Pupikofers zeigen heute dem Benutzer des modernen Findmittels das Ausmass dieses Aderlasses an: Zu beklagen sind über 200 Abgänge von Urkunden, Akten und Aktendossiers aus ihrer überkommenen Archivumgebung. Die neuen Standortsignaturen dieser Stücke in den katholischen Kirchgemeindearchiven sind von uns in den Kommentaren vermerkt worden, wo sich die fehlenden Dokumente in den modernen Findmitteln dieser Archive überhaupt eruieren liessen.
Einen weiteren Eingriff in die überkommene Ordnung des Stiftsarchiv bedeutete die Selektionierung der Pergamenturkunden im Gefolge der Edition des Thurgauer Urkundenbuches unter Staatsarchivar Johannes Meyer. Die Urkunden aller vormodernen Bestände wurden separiert, chronologisch geordnet und mit Laufnummern versehen. Die ursprünglichen Signaturen sind im Urkundenbuch nicht mehr erwähnt; und Pupikofers Repertorium wurde wie die anderen älteren Klosterrepertorien als Findmittel weitgehend unbrauchbar. Erst Mitte des 20. Jhs. machte Staatsarchivar Bruno Meyer diesen gegen das Provenienzprinzip verstossenden Eingriff rückgängig, indem er - orientiert an der Ordnungsstruktur von 1770/71 und 1847 - die zuvor aussortierten Urkunden wieder in ihre alte Umgebung zurückführte. Pupikofers System schien ihm jedoch unbefriedigend, da dessen Verdoppelung der 31 ursprünglichen Abteilungen zu einer teilweise redundanten Ordnung geführt hatte und ausserdem jedem Benutzer das Provisorische und Willkürliche dieser Zweiteilung ins Auge springen musste, was seinerzeit auch von Pupikofer selbst erkannt worden war. So ging Bruno Meyer im Falle des Stiftsarchivs über die Wiederherstellung des Zustandes vor der Selektionierung der Pergamenturkunden hinaus und versuchte, die Teilbestände des "lebenden" Archivs mit ihren Buchstaben-Signaturen mit den entsprechenden und mit römischen Ziffern signierten Teilbeständen des "toten" Archivs zusammenzuführen.
Die von Pupikofer übernommenen 31 Rubriken des Repertoriums von 1770/71 wurden – wo immer möglich – mit den originalen Titeln übernommen. Was sich aus den 31 mit römischen Ziffern bezeichneten Rubriken des ehemaligen „toten Archivs“ den 31 ursprünglichen Rubriken des einstigen „lebenden Archivs“ zuordnen liess, integrierte Meyer dort. Wo dies nicht möglich war, behalf er sich mit neuen Einheiten, bei deren Titelgebung er sich teilweise an den Bezeichnungen für die Aktenbündel im hinteren Teil des Repertoriums von 1770/71 orientierte. So entstanden schliesslich jene 38 Einheiten, die wir im Zettelkatalog von 1937 und in der Struktur des Bestands 7’30 in den Verzeichniseinheiten der Archivdatenbank antreffen. Das Pupikofersche Repertorium war dadurch mit Einschränkungen wieder benutzbar: Man musste sich an eine eigens kreierte Konkordanz halten und überall dort, wo Pupikofersche Rubriken (etwa II, IV und VI) auseinander gerissen wurden, mehrere Schachteln durchsuchen, um das Gesuchte zu finden.
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| Als Sonderbestand abseits der durch den Zettelkatalog erschlossenen vormodernen Klosterarchive lagen seit langem - sicher seit der Mitte des 20. Jhs., in Ansätzen vielleicht schon seit Pupikofers Zeiten - in drei Schachteln ungeordnete, zeitlich und thematisch nicht zusammenhängende Urkunden und Akten im Staatsarchiv. Eine dieser Schachteln trug die Aufschrift „Allerlei, einstmals unter St. Pelagius“. Die insgesamt 183 Dokumente in diesen Schachteln wurden im Spätsommer/Herbst 2006 gesichtet und in einem Word-Dokument provisorisch erschlossen. Die meisten zeigten die typischen Annotationen Pupikofers und/oder ältere Stiftsarchivsignaturen. In ganz wenigen Fällen waren sie sogar im Repertorium von 1747 registriert. So konnten etwas mehr als drei Viertel dieser Dokumente ihrer Provenienz nach eindeutig dem Kollegiatstift St. Pelagii zugeordnet werden. Beim Rest war die Zuordnung weniger einfach. Der Grossteil dieses verbleibenden Rests von 24 % stammt aus Herrschaften der unmittelbaren Nachbarschaft: vor allem von den Gerichtsherrschaften Heidelberg und Oetlishausen, von Stadt und Spital Bischofszell oder von der bischöflichen Obervogtei Bischofszell. Von entfernteren thurgauischen Gerichtsherrschaften konnte ein Aktenbündel direkt dem Archiv des Stifts Kreuzlingen, und zwar der Schachtel 7’32’152, "VI Verschiedenes: Märstetten", zugeordnet werden, was jedoch die Frage, wie es in diesen Selektenbestand gelangte, noch nicht beantwortet. Dasselbe gilt für einige Fastendispense für den Gerichtsherrn von Herdern und die Varia aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharinenthal. Drei Urkunden aus ausserthurgauischen, ja ausserschweizerischen Herrschaften lagen in einem noch von Pupikofer mit "Zürcher Acten" beschrifteten Konvolut. Sie haben mit dem Kollegiatstift und mit Bischofszell nichts gemein.
Die eindeutig aus dem Kollegiatstift stammenden Dokumente dürften Restbestände aus der eben beschriebenen Neu- und Umordnung des Archivs unter Bruno Meyer in der Mitte des 20. Jahrhunderts sein. Da die meisten dieser Dokumente zwar von Pupikofer gesichtet, aber nicht klar einem Teilbestand zugeordnet worden waren, blieben sie (zusammen mit Dokumenten, deren Notierung im Repertorium nicht gefunden werden konnte) vorerst als Separata liegen. Sie sind 2014 nach Gattungen in neun Dossiers chronologisch geordnet und im Fonds StATG 7'30, 40 abgelegt worden. Dort folgen sie gleich hinter dem Unterfonds StATG 7'30, 40.1, in dem die bisher im Zettelkasten nicht verzeichneten und unter einem irreführenden Titel innerhalb des Bestands StATG 7'30 liegenden Akten zum Prozess mit Stiftsamtmann Sebastian Anton Müller nach dessen Entlassung im Jahre 1696 in 10 chronologisch geordneten Dossiers erschlossen worden sind (vgl. auch den Kommentar in der übergeordneten Verzeichnungseinheit StATG 7'30, 40.1). Dass diese Akten auf der Schachtel und im Zettelkatalog unter der Nr. 29 (alte Unterabteilung XXIX) figurierten und die von Pupikofer 1847 unter dieser Nummer registrierten "Spennungsrödel, Rödel der Rosenkranzbruderschaft, Rödel über den Ammannkernen und Rödel über die Fasnachtshennen" aus dem Zeitraum 1500-1689 offensichtlich seit langem nicht mehr vorhanden waren, kann nur so erklärt werden, dass es noch nach 1847 zu Kassationen von Verwaltungsakten aus dem Kollegiatsstift gekommen ist.
2001 gelangten über den Katholischen Kirchenrat des Kantons Thurgau aus dem Archiv des ehemaligen bischöflichen Kommissariats stammende Bischofszeller Materialien aus dem Kollegiatstift St. Pelagii ins Staatsarchiv. Dieses Material des Bestandes Bb war in 14 Dossiers mit rudimentären Titeln ("Chorherrenstift Bischofszell") und oft ungenauen Zeitbereichen behelfsmässig geordnet. Die Bleistiftnotizen auf den Dokumenten und den Dossiermäppchen weisen in jüngste Zeit, doch könnte die Einteilung in die 14 Dossiers auf eine ursprünglich vorhandene chronologische und thematische Struktur des kleinen Bestands zurückgehen. |
| Dieser Selektenbestand unterscheidet sich seiner Struktur nach deutlich von den eben beschriebenen und stets im StATG aufbewahrten Selekten. Es liegen gerade 3 ältere Güterverzeichnisse aus dem 16. Jahrhundert, gar nichts aus vorreformatorischer Zeit und nur ein gutes Dutzend Originaldokumente aus dem 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in diesem Bestand. Die meisten Akten stammen aus der zweiten Hälfte des 18. und den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Bei sehr vielen Dokumenten ist erkennbar, dass sie entweder direkt an den Stiftsamtmann gerichtet oder von ihm verfasst waren oder aber zumindest in dessen Kompetenzbereich gehörten. Nach 1817 wird das hier überlieferte Material sehr dünn. Dokumente aus den 1820er bis 1850er Jahren finden sich nur im ersten Dossier.
Als Schreiber und Adressat prominent vertreten ist der langjährige Stiftsamtmann Johann Joseph Anton Tschudi, aber auch dessen nur noch gut fünf Jahre bis 1811 amtierender Sohn Beat. Die Tätigkeit des Nachfolgers Theodor Henseler ist in den ersten 7 Jahren gut, nachher nur noch ganz sporadisch dokumentiert.
Auffällig ist auch das Fehlen der typischen alten Signaturen auf aufgeklebten Papierquadrätchen, und zwar auch bei Dokumenten, die älter sind als 1770. Hingegen trägt eines der alten Zehntverzeichnisse dorsual die der Archivordnung von 1770/71 entsprechende Signatur Z + Nr., was mit dem Eintrag im Repertorium von 1770/71, S. 40, unter den Zehnten von Ennetaach übereinstimmt. Es scheint sich hierbei um eine Kopie des von Pupikofer S. 36 registrierten Zehntverzeichnisses von 1693 zu handeln (StATG 7’30, 34.ZII/15c). Spuren der typischen Handschrift Pupikofers fehlen vollends.
Die Beobachtungen an diesem Material führt uns zum Schluss, dass der über die kantonalen Instanzen der katholischen Kirche ins StATG gelangte Selektenbestand nie eigentlicher Bestandteil des Stiftsarchivs war, sondern – ähnlich wie das im Falle des Bestandes C 0'2 (Gerichtsherrschaft Altenklingen) beobachtet werden konnte – ein Kanzlei- oder Amtsarchiv der letzten amtierenden Amtmänner darstellte. Dass wichtige und noch rechtskräftige ältere Dokumente nur in Abschriften diesem Bestand beigefügt wurden, stützt die Hypothese eines "Kanzleiarchivs" als Arbeitsinstrument des Stiftsamtmanns bzw. Stiftsverwalters. Dieses dürfte zwischen 1819 und 1821 in die Hände des "catholischen Commissarius" gelangt sein. Dieses Amt, ursprünglich eine Funktion der staatlich verordneten paritätischen Kirchenordnung und das Pendant zum evangelischen Antistes, ging 1830 im rein kirchenrechtlich verfassten bischöflichen Kommissariat auf (vgl. HS I/1.1, S. 426 f. und Salathé, Beständeübersicht, S. 253). So ist nicht nur die Integration dieses Kanzleiarchivs in die Bestände des bischöflichen Kommissariats zu erklären, sondern auch die Tatsache, dass zwischen 1821 und 1853 nur noch ganz wenige Dokumente in dieses Archiv gelangten und dass unter diesen wenigen Neuzugängen praktisch keine an Stiftsverwalter Theodor Henseler adressierten, sondern praktisch ausschliesslich an den "Commissarius" gerichtete Briefe zu finden sind.
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| Die Neuerschliessung des Stiftsarchivs, die zwischen 2007 und 2014 erfolgte, hatte sich folgende Ziel gesetzt:
1. Erschliessung und Verzeichnung des Gesamtbestand bis auf Stufe Einzeldokument. 2. Beschreibung der beglaubigten Originale durch die differenzierte Schablone "Altes Archiv: Urkunde" mittels Titel, Regest und formalem Beschrieb; Beschreibung der unbeglaubigten bzw. undatierten Papierakten mit der Standardschablone durch ein Titelregest und minimale Angaben zur formalen Struktur im Kommentar. 3. Beibehaltung und Abbildung der gewachsenen Struktur des Archivs. 4. Orientierung am Archivrepertorium Pupikofers von 1847 bei der Feinerschliessung und Markierung der gegenüber diesem Verzeichnis zwischenzeitlich eingetretenen Verluste durch den Vermerk "fehlt" in Klammern am Ende des Titels. 5. Abbildung der sich überlagernden und in der Forschung alternierend verwendeten Archivsignaturen von 1847 (Pupikofer) und ~1950 (Meyer) in der neuen Archivsignatur. 6. Rückführung der Selekten in den Gesamtbestand. 7. Angabe aller älteren Signaturen (historische Signaturvermerke aus der Zeit vor 1798; Signaturen Pupikofers von 1847; Schachtelsignaturen von ~1950) im Feld "alte Signaturen".
Bei den Akten aus der Zeit der staatlichen Klosterverwaltung (nach 1798) wurde von der Erschliessung von Einzeldokumenten zugunsten einer Erfassung auf Dossierstufe abgesehen, wenn diese Dossiers erst im 19. Jh. angelegt worden waren. Der Grossteil der Dokumente aus dem 19. Jh. ist jedoch einzeln erfasst worden.
Die in Schachteln untergebrachten Urkunden, Akten, Rödel und Faszikel machen 21,7 der insgesamt rund 24 Laufmeter des Gesamtbestandes aus. Knapp 10 % der Einzeldokumente sind auf Pergament, der Rest ist auf Papier geschrieben. Von den 87 Büchern im Umfang von ca. 2,3 Laufmetern ist allein das (unvollständig erhaltene) Anniversarium von Berg (StATG 7'30, 60/33) eine aus dem Spätmittelalter stammende Pergamenthandschrift. Alle anderen Bücher sind Papierhandschriften und im 16. bis 19. Jh. geschrieben oder abgeschlossen worden.
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Direktübernahme von Provenienzstelle: | Ja. |
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Inhalt und innere Ordnung |
Bewertung und Kassation: | Es wurden keine Dokumente kassiert. |
Ordnung und Klassifikation: | Die Buchbestände gliedern sich in vier Fonds:
7'30, 0 Historische Findmittel 7'30, 60 Protokollbände, Kopialbücher, Urbarien, Rechnungsbücher und Anniversarien des Stifts St. Pelagii 7'30, 61 Protokollbücher des Gerichts im Gottshaus 7'30, 62 Rechnungs- und Verwaltungsbücher aus der Zeit der staatlichen Klosteraufsicht bzw. der zentralen Klosterverwaltung Unter der Fondsstufe folgt bei den Buchbeständen gleich die Dossierstufe, auf der alle Bücher mit dem differenzierten Formular "Altes Archiv: Buch" erschlossen worden sind, also beispielsweise: 7'30, 60/0 Protokollbuch des Stiftskapitels 1598-1649
Die Urkunden- und Aktenbestände gliedern sich in die 38 durch Bruno Meyer gebildeten Fonds
7'30, 1 Stiftsordnung 7'30, 2 Chorherrenpfründen, Kollatur, Wahlen 7'30, 3 Chorherrenpfründen, Rechnungen, Chorherrenhöfe 7'30, 2 Chorherrenpfründen, Kollatur, Wahlen 7'30, 3 Chorherrenpfründen, Rechnungen, Chorherrenhöfe ... 7'30,38 Verschiedenes sowie in die beiden bisher noch nicht erfassten Selekten-Fonds
7'30, 40 Bisher nicht registrierte Aktenbestände des ehemaligen Stiftsarchivs 7'30, 50 Kanzleiarchiv der letzten Stiftsamtmänner bzw. des Stiftsverwalters
Bei den Urkunden- und Aktenbeständen folgen auf der nächsttieferen Fonds-Stufe die von Pupikofer 1847 gebildeten bzw. vom Repertorium von 1770/71 übernommenen Unterabteilungen, die in der Signatur durch einen Punkt von der numerisch aufsteigenden Reihe Meyers abgegrenzt werden. Auf dieser Stufe können ein, zwei oder mehrere Unterabteilungen stehen, die im Meyerschen Fonds unter einem einzigen Titel zusammengefasst worden sind. Diese Unterabteilungen können aus mit Buchstaben bezeichneten Teilbeständen des "lebenden" Archivs oder aus mit arabischen Zahlen bezeichneten (ehemals römisch gezählten) Teilbeständen des "toten" Archivs oder aus beiden Archivteilen stammen. Beispiel:
7'30, 1 Stiftsordnung 7'30, 1.FC Kanonikate, Verleihung derselben und Einkünfte 7'30, 1.2 Statuten des Stifts (1770/71 erloschene Titel) 7'30, 2 Chorherrenpfründen, Kollatur, Wahlen 7'30, 2.3 Kollaturrecht über die Stiftspfründen (1770/71 erloschene Titel) 7'30, 2.1 Wahlakten der Chorherren (1770/71 erloschene Titel) 7'30, 3 Chorherrenpfründen, Rechnungen, Chorherrenhöfe 7'30, 3.27 Rechnungen über eingestellte Chorherrenpfründen. Verleihung der Chorherrenhöfe (1770/71 erloschene Titel)
Nach dieser stets zweistufigen Ebene mit (Meyerschem) Fonds und (Pupikoferschem) Unterfonds folgen auf der Dossierstufe die von Pupikofer 1847 einzeln durch Titelregesten erfassten Dokumente, Dossiers oder Aktenbündel mit ihrer originalen (1, 2a, 2b, 2c, 3a, 3b, 4 ...) oder durch uns verliehenen numerischen Zählung (1, 2, 3 ...). Dossiers und Aktenbündel, die Pupikofer nicht von Einzeldokumenten abgehoben hat, sind neu von uns auf der tiefsten Eben, der Dokumenten-Ebene, in ihre Bestandteile zerlegt und als Einzeldokumente erfasst worden. Da diese Einzeldokumente nicht mehr auf Markierungen oder Titel im Repertorium zurückweisen können, wurden sie stets chronologisch geordnet und nach dem Stil des Staatsarchivs, beginnend mit 0 durchgezählt (0, 1, 2, 3 ...). Der ehemalige Dossier-Titel spiegelt sich in diesem Fall in der übergeordneten, nicht mehr beschreibenden, sondern allein strukturbildenden Verzeichnungseinheit. Überlegungen zu Art und Motiven solcher Dossier- oder Aktenbündel-Bildung finden sich dort im Kommentarfeld. Ein Beispiel für diese vierstufige Struktur des Bestandes: 7'30, 1 ... 7'30, 1.FC ... 7'30, 1.FC/22 (Dossier Titel nach dem Repertorium von 1847) 7'30, 1.FC/22, 0 (Neuer Dokumententitel) |
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Zugangs- und Benutzungsbedingungen: |
Rechtsstatus: | Eigentum des Staatsarchivs des Kantons Thurgau. |
Zitiervorschlag: | Fussnote: StATG 7'30, */*
Quellenverzeichnis: StATG 7'30 Bischofszell, St. Pelagius 12. - 19. Jh.
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Reproduktionsbestimmungen, Copyright: | Gemäss den allgemeinen Vorschriften des Staatsarchivs für die Reproduktion von Archivalien. |
Sprachen: | Deutsch, Latein, Italienisch |
Finding aids: | Repertorium von Johann Adam Pupikofer von 1848 (handschriftlich). |
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Sachverwandte Unterlagen: |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | Die übrigen Bestände der Hauptabteilung 7. 4’39 Klosterverwaltung, -aufhebung und -liquidation
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Veröffentlichungen: | Literatur zum Bestand: Kundert, Werner: St. Pelagius in Bischofszell, in: HS II/2 (1977), S. 225-226 (Archiv).
Quellen:
Quellenpublikationen bis 1977 sind aufgeführt bei: Kundert, Werner: St. Pelagius in Bischofszell, in: HS II/2 (1977), S. 215-245, hier S. 226.
Zusätzlich zu nennen oder seit 1977 erschienen sind: Die Konstanzer Grundeigentumsurkunden der Jahre 1152-1371, ed. Konrad Beyerle, Heidelberg 1902 Meyer, Fredy: Sankt Pelagius und Gregor der Grosse. Ihre Verehrung im Bistum Konstanz, Freiburg im Breisgau/München 2002 (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte; 47). Menolfi, Ernest: Hauptwil-Gottshaus, Frauenfeld 2011.
Literatur allgemein:
Die Literatur bis 1977 ist aufgeführt bei: Kundert, Werner: St. Pelagius in Bischofszell, in: HS II/2 (1977), S. 215-245, hier S. 226.
Für biografische bzw. prosopographische Nachweise werden in den Kommentarfeldern folgende Nachschlagewerke und Darstellungen nachgewiesen:
HBLS = Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz HLS = Historisches Lexikon der Schweiz HS = Helvetia Sacra LexMA = Lexikon des Mittelalters Geiger, Arthur: Das Chorherrenstift St. Pelagius zu Bischofszell im Zeitalter der Katholischen Reform 1500-1700, Bern 1958 (zit. "Geiger, Chorherrenstift) Giger, Bruno: Gerichtsherren, Gerichtsherrschaften, Gerichtsherrenstand im Thurgau vom Ausgang des Spätmittelalters bis in die frühe Neuzeit (TB 130), Frauenfeld 1993 (zit. "Giger, Gerichtsherren") Rohner, Stefan: Das Chorherrenstift St. Pelagius zu Bischofszell im Mittelalter, unpubl. Liz.-Arbeit Uni ZH, 2003 (zit. "Rohner, Chorherrenstift") Sulzberger, Gustav: Biographisches Verzeichnis der Geistlichen aller evangelischen Gemeinden des Kantons Thurgau von der frühesten Zeit bis auf die Gegenwart (TB 4/5), Frauenfeld 1863 (zit. "Sulzberger, Verzeichnis der Geistlichen")
Editionen, auf die verwiesen wird: AH = Sammlung Zurlauben; Regesten und Register zu den Acta Helvetica, Aarau 1980 ff.
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Anmerkungen |
Kommentar des Staatsarchivs: | Zur Archivtektonik und Erschliessungstiefe vgl. die Ausführungen am Ende des Feldes "Bestandesgeschichte" und im Feld "Ordnung und Klassifikation".
Verwendete Erfassungsschablonen (Formulare): Die beglaubigten Urkunden und Akten (sofern letztere nicht Quittungen sind, die aus einem einzigen Satz bestehen) werden mit der Urkundenschablone durch Titel, Regest, Transkription der Dorsualnotiz und einen formalen Beschrieb (Sprache, Beschreibstoff, Anzahl Blätter, Format, Siegelbeschrieb und Angabe des Sieglers) sowie Angaben zum Rechtsakt, zur Überlieferungsform, zur Datierung, zum Ausstellungsort, zum Aussteller und zum Adressaten erfasst. Wo dies aus inhaltlichen Gründen angezeigt scheint, werden auch formlose Notizen oder Abschriften durch dieses ausführliche Formular erfasst. Normalerweise jedoch werden solche formlosen Notizen und Abschriften mit dem verkürzten Standardformular beschrieben, wobei der Aussagekraft der Titel besondere Beachtung geschenkt wird. Im Kommentarfeld des Standardformulars werden immer Blattzahl und Papierformat sowie (bei undatierten Stücken) Überlegungen zum wahrscheinlichen Entstehungszeitpunkt und (sofern vorhanden) Angaben über den Verfasser angegeben. Inhaltliche Hinweise (Namen der Abgabepflichtigen, Höhe der Abgaben) können diese Anmerkungen im Kommentarfeld der Standardschablone ergänzen.
Die Dorsualnotizen werden in der Reihenfolge ihres Alters wörtlich übernommen (transkribiert). Kürzungen werden, wo möglich und eindeutig, aufgelöst. Die Pupikoferschen Dorsualnotizen werden mit Ausnahme seiner Signaturen nicht wiedergegeben, da sie inhaltlich mit den Regesten in seinem Repertorium übereinstimmen. Allein beim Selektenbestand 7'30, 40.2 sind Pupikofers Annotationen vermerkt worden, da sie dort entscheidende Hinweise für die Herkunft dieser Selekten aus dem Kollegiatstift liefern. Transkriptionsgrundsätze bei den Dorsualnotizen: Ausser ß, ů und Ů werden keine Sonderzeichen eingesetzt. Es gilt für die vormoderne Zeit ausser bei Eigennamen und Satzanfängen die Kleinschreibung, da der Übergang zwischen Majuskeln und Minuskeln erfahrungsgemäss bei den meisten Schreibern fliessend ist. Ein Dehnlautakzent über zwei gleichen Vokalen wird mit Zirkumflex über beiden Vokalen angegeben: sêêlig; Bôôlstêêg.
Zitate in den Regesten und im Kommentar: Wörtliche Zitate werden, wo sie allgemein verständlich sind, aber mehrere Interpretationen zulassen, in Anführungszeichen gesetzt und direkt in den Text eingebaut oder sie folgen in eckigen Klammern ihrer modernen Entsprechung. Beispiel aus einer Aufzählung von Pfandgütern: ... an die Allmend [das gemeinmerckh], an die Landstrasse und an die Wiese "ob dem brunnen" anstossend ... ("brunnen" kann eine blosse Wasserquelle oder ein gebauter Brunnen sein). Ein Zitat in Anführungszeichen kann auch bedeuten, dass der Bearbeiter das wörtliche Zitat für aussagekräftiger hält als eine moderne Paraphrasierung. Zitierte Einzelbegriffe erscheinen in Latein und Deutsch im Nominativ und nicht im jeweils verwendeten Casus obliquus.
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| Informationen, die nicht dem Dokument entnommen werden können, sondern als Ergänzungen aus dem Wissenfundus oder den Recherchen des Bearbeiters stammen, werden im Regest in runde Klammern gesetzt. Dies ist vor allem bei den Namen der Bischöfe oder Äbte der Fall, die in den Urkunden praktisch immer nur mit Vornamen genannt werden, deren Familiennamen aber wesentlich zur Identifizierung beitragen. Da die runden Klammern somit für Ergänzungen des Bearbeiters und die eckigen Klammern für wörtliche Übernahmen reserviert sind, werden Klammern im Textverlauf wie Einschübe zwischen Gedankenstriche gesetzt, falls sie überhaupt wiedergegeben werden müssen.
Historische bzw. moderne Schreibweise der Namen: Die von der heutigen Schreibweise abweichenden Formen der Orts-, Flur- und Geschlechtsnamen werden in der heute gültigen Normalform wiedergegeben. Im Regest werden in eckigen Klammern die im Dokument auftretenden historischen Formen aufgeführt - jede Schreibvariante aber innerhalb einer Verzeichniseinheit nur einmal bei ihrem ersten Auftauchen und stets in der geschlechtsneutralen Nominativform (also "Rüthiman" für "Rüthimänin"; "Leeberer" für "Leeberern" [Gen.]). Treten bei thurgauischen Familiennamen auch heute noch zwei Schreibformen auf (Beispiel: Häberli vs. Häberlin), wird die weiter verbreitete Form (Häberli) gewählt. Bei den Vornamen wird in der Regel nur die heute gültige Form gegeben, es sei denn eine Form gebe zu Zweifeln über die Zuordnung zu einem bekannten Vornamen Anlass oder verdiene durch ihre skurrile Schreibweise besondere Beachtung. Der vor 1900 ganz überwiegend in der Form "Bischoffzell" bzw. "Bischoffcell" (lat. Episcopiscella und Episcopaliscella) ohne Fugen-s geschriebene deutsche Ortsname des Sitzes des Kollegiatstifts wird nur in der seit dem 19. Jh. üblichen Schreibweise (mit Fugen-s) aufgeführt. Ebenso wird bei den Ausstellungsorten Frauenfeld [Frawenvelt, Frawenfeld u.ä.], Konstanz und Meersburg [praktisch stets: Mörsburg] auf die Angabe der Schreibvarianten in eckigen Klammern verzichtet. Bei den Schriftformen der Orts- und Flurnamen halten wir uns an das Ortschaftenverzeichnis des Kantons Thurgau von 1983 und meiden dialektale Formen wie "Gärtau" oder "Bischofsbärg". Schreibweise der Zusammensetzungen mit Lehen: modern: Lehensmann, Lehensleute, Lehensherr, Lehensbauer, Lehenszinsen. alt: Lehennehmer, Lehengeber, Lehengut, Lehenträger, Lehenrevers.
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| Aufbau der Regesten:
In den Regesten wird der Rechtsakt bzw. der Kern der Mitteilung in modernen Worten wiedergegeben und die darin erwähnten Protagonisten und örtlichen Begebenheiten werden namentlich genannt. Immer wiederkehrende Rechtsformeln und andere zeitgenössische Formulareigenheiten werden höchstens in stark verkürzter Form wiedergegeben. Besondere Beachtung werden aber Titeln und Berufsbezeichnungen sowie den in den Titulaturen genannten Hierarchien in den Gerichten geschenkt. Im Prinzip ist versucht worden, nicht nur alle in den Dokumenten genannten Personen, sondern auch sämtliche Orts- und Flurnamen ins Regest aufzunehmen. Bei den überaus langen Güterbeschrieben in den frühneuzeitlichen Lehenurkunden wird auf solche Lokalisierungen jedoch nur noch pauschal mit dem Vermerk "einzeln beschrieben" hingewiesen. Dass der Stil der Regesten im Verlaufe der siebenjährigen Bearbeitungszeit mancherlei bewussten und unbewussten Modifikationen unterworfen war, ist der Vielfalt der erfassten Texte ebenso geschuldet wie dem Unwillen des Bearbeiters, das Ungleiche und Unsystematische, das Kolorit und Charakter der Schriftlichkeit dieser Zeit ausmacht, in einem normierenden Kraftakt über einen Kamm zu scheren. Im Übrigen entschuldigt sich dieser Bearbeiter präventiv für alle möglichen Mängel, Fehler und Missverständnisse, die zu Lasten seiner Schwächen und Defizite gehen.
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| Der Erhaltungszustand der Akten ist unterschiedlich, im Durchschnitt jedoch - gemessen an der langen Aufbewahrungszeit mit diversen Lokalitätswechseln - als erstaunlich gut zu bezeichnen. Immer wieder gebrauchte Dokumente weisen starke Gebrauchsspuren auf, die im Extremfall zu Textverlusten führen können. Textbeeinträchtigungen und Textverluste werden jeweils in den Kommentaren vermerkt. |
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Usage |
End of term of protection: | 12/31/1890 |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | uneingeschränkt |
Accessibility: | Oeffentlich |
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URL for this unit of description |
URL: | https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=151445 |
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