Ref. code: | 9'2, 6 |
Title: | Insassen und Insassinnen |
Kommentar des Staatsarchivs: | Die Personendossiers in 9'2, 6, bilden umfangmässig und inhaltlich das Kernstück des vorliegenden Bestandes. Sie decken einen Zeitraum von etwa sechzig Jahren ab; Akten aus der Zeit vor 1917 sind nicht überliefert. Ab Mitte der 1930er-Jahre steigt die Dichte der erhaltenen Akten von 10 auf ca. 70-80 Prozent; die InsassInnendossiers ab 1960 liegen praktisch vollständig vor. - Die Akten wurden von der Anstaltsverwaltung zunächst in chronologischer Folge abgelegt, aber nicht systematisch gesammelt. Dementsprechend sind die älteren Dossiers nicht umfangreich. Die Personendaten wurden zentral in den Detentionskontrollen (9'2, 6/3-6/11) erfasst. - Ab Juli 1957 wurden die Dossiers mit einem Deckkarton eröffnet; auf diesem wurden die Personalien und amtliche Eckdaten (Ein- und Austrittsdatum, Vormundschaft, Entweichungen) vermerkt. Separat wurde eine Registratur über die InsassInnen geführt. Die Registerkarten enthalten zusätzliche Angaben über verhängte Disziplinarstrafen, zugeteilte Beschäftigungen und ein Besuchsprotokoll. Sie wurden den Dossiers vermutlich beim Austritt beigefügt. Der Umfang der Dossiers nahm im Lauf der Zeit deutlich zu. - Eine letzte unübersehbare Änderung erfuhr die Struktur der Personendossiers im April 1974: Durch die thematische Unterteilung der Akten mittels eines Registers wurden die Dossiers übersichtlicher und gleichförmiger. - Inhaltlich bestehen die InsassInnendossiers hauptsächlich aus amtlicher und privater Korrespondenz. Die vielen Briefwechsel von InsassInnen mit ihren Angehörigen, zahlreiche Liebesbriefe, aber auch Beschwerde- und Bittschriften an den Anstaltsleiter, den Regierungsrat und weitere Behörden vermitteln einen Eindruck vom Anstaltsalltag aus der Perspektive der Detenierten. Die Sorgen und Nöte der Eingeschlossenen blieben über die Jahrzehnte hinweg dieselben: Es galt, den Mangel an Abwechslung, Konsumgütern, zwischenmenschlichem, auch erotischem Kontakt und Freiheit auf mehr oder weniger legale Weise auszugleichen. Die peniblen Untersuchungsakten der jeweiligen Verwalter und der Polizei zeugen von den zahlreichen Entweichungen und Verstössen gegen die Hausordnung. - Eher die Sicht des Anstaltsleiters geben seine Empfehlungen wieder, mit denen er Beschwerden und Gesuche der Detenierten an die Regierung und die Behörden kommentierte. Auch seine Mitteilungen an InsassInnen, deren Angehörige und an Angestellte der Anstalt zeugen von den Werten und Überzeugungen des Vorstehers von Kalchrain. Um die charakterliche Entwicklung der InsassInnen im Sinne dieser Moralvorstellungen griffig beurteilen zu können, wurden etwa ab 1960 "Monatsrapporte" erstellt, die den Dossiers ebenfalls beiliegen. - Schliesslich befinden sich in den Dossiers auch Einweisungs- und Entlassungsbeschlüsse der jeweiligen Kantonsregierung, amtliche Schreiben, Effektenverzeichnisse, Arbeitszeugnisse, Fotos, ärztliche Atteste, psychiatrische Gutachten usw. Über der Vielzahl der Unterlagen sollte aber nicht vergessen werden, dass sich in den Dossiers nur befindet, was vom Anstaltsleiter produziert, konfisziert oder bewusst aufbewahrt wurde: Die Akten in 9'2, 6, sind - mehr noch als andere Unterlagen in 9'2 - sämtliche durch seinen subjektiven "Filter" gelaufen. |
Creation date(s): | 1851 - 1980 |
Verweise: | Vgl. auch die Personalakten (9'2, 5/10-5/34), diejenigen Einheiten aus 9'2, 3, die Personendaten enthalten, und die Betriebsrechnungen (StATG 4'230; mit Personendaten). |
Level: | Hauptfonds |
|
Usage |
End of term of protection: | 12/31/2000 |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | uneingeschränkt |
Accessibility: | Oeffentlich |
|
URL for this unit of description |
URL: | https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=86636 |
|
Social Media |
Share | |
|