7'30, 38.30/70 Der durch die Untersuchung einer (von ihm hergestellten oder restaurierten) Kirchenleuchte belastete Goldschmied Francesco Rocheto beklagt sich bei den Chorherren über das in Bischofszell angewandte Prüfverfahren und verlangt eine Neubeurteilung vor bischöflichen Instanzen zwecks Wi

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Ref. code:7'30, 38.30/70
Title:Der durch die Untersuchung einer (von ihm hergestellten oder restaurierten) Kirchenleuchte belastete Goldschmied Francesco Rocheto beklagt sich bei den Chorherren über das in Bischofszell angewandte Prüfverfahren und verlangt eine Neubeurteilung vor bischöflichen Instanzen zwecks Wiederherstellung seines Rufs
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Rechtsakt-Typ:Klage
Überlieferungsform:Original
Ausstellungsort:Bischofszell
Creation date(s):11/21/1702
Aussteller:Francesco Rocheto von Bianzone, Goldschmied
Adressat:Chorherren in der Stadt Bischofszell
Regest:Francesco Rocheto von Besançon [Bisanzonne], Goldschmied [orefice], beklagt sich bei den Chorherren in der Stadt Bischofszell [Pichofzelle], dass ein Goldschmied aus dieser calvinistischen Stadt [di questa cita Calvino] und Feind unseres Glaubens [nemico della nostra fede] anlässlich eines Besuchs (in der Kirche) eine Leuchte [lanpade] mit einem Prüfstein [pietra di tocha] untersucht [examinato] hat. Rocheto ist der Meinung, dass eine solche Prüfung mit einem Prüfstein und ohne Anwendung der Lupe [non essendo fatto in loupela] kein hinreichender Beweis ist, um diesem (= dem Bischofszeller Goldschmied) Glauben zu schenken. Er beklagt die Tatsache, dass er nicht über diese Überprüfung informiert wurde und die Stadt wie ein Dieb [comme un ladro] verlassen musste, ohne seine Meinung darlegen zu können. Aus diesem Grund bittet er die Stiftsherren, auch seine Meinung anzuhören. Falls er dennoch jemanden beleidigt haben sollte, bittet er auf den Knien um Verzeihung. Da die Stiftsherren dem, was der Goldschmied dieser Stadt erzählt, Glauben schenken, verlangt Rocheto, dass dieser in seiner Präsenz nochmals sein Urteil abgibt, wie es sich für anständige Menschen gehört [comme devono fare li homini da bene]. Rocheto ist bereit, seinen Kopf in die Hände des Richters [boillie] zu legen und Leben, Geld und Gut für eine Überprüfung der Angelegenheit durch die Herren Schöffen [signori socanti] am Sitz des Fürstbischofs von Konstanz aufs Spiel zu setzen. Diesem schenken nämlich alle ehrlichen Menschen [tutti homini da bene] Glauben, und nicht einem nichtsnutzigen Mann [un homo de niente]. Er schlägt als Bittsteller [suplicante] und zu seiner Rechtfertigung und Ehrenrettung [per prova di mia iustificationne et delle mio honore] vor, die von ihren Gewichten befreite Lampe in einem durch die Chorherren versiegelten Umschlag an den Bischofssitz von Konstanz zu senden [de piliare de ogni pese della lampade, che si mettra dentro una lettra sigilata delli lori mani et poi si mandarle nella sedia di Constanse].
Dorsualvermerk:1702
Sprachen:Italienisch (vgl. Kommentar)
Beschreibstoff:Papier
Anzahl Blätter:1
Format B x H in cm:33.3 x 40.7
Siegel und andere Beglaubigungsmittel:Eigenhändige Unterschrift des Ausstellers
Kommentar des Staatsarchivs:Der Romanist Damiano De Solda, der dieses schwer verständliche Dokument erst zum Sprechen bringen konnte, beurteilt die Sprache, in der dieser Brief des aus Besançon stammenden Goldschmieds mit italienischem Namen verfasst worden ist, folgendermassen: "Vom linguistischen Aspekt her kann man ganz klar sagen, dass Francesco Rocheto zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes nicht (mehr) Italienisch als Muttersprache spricht, sondern Französisch. Der Text weist nebst zahlreichen Latinismen einen konstanten Einfluss des Französischen auf. Der Text ist für einen Italienisch Sprechenden schwer verständlich. Verben werden falsch konjugiert, Adjektive falsch dekliniert und viele Vokabeln und Redensarten direkt und ohne die notwendigen Anpassungen ins Italienische transponiert."

Bei der Leuchte [lanpade] könnte es sich um ein Ewiges Licht in einer Fassung aus Silber handeln. Ein solches war 1695 vom Bischof von Konstanz für die Kollegiatskirche gestiftet worden. Gleich nach der Urkunde über diese Stiftung vermerkt Pupikofer in seinem Repertorium unter der Jahreszahl 1702 ein weiteres Dokument unter dem Titel "Rochetto de Bisonsone orifice: Schreiben betr. diese Lampe". Bei der Erschliessung des Bestandes 2008 war das entsprechende Dokument (StATG 7'30, 16.8/14) unauffindbar. In der dorsual angebrachten Annotation Pupikofers "Schreiben des Goldschmids Rocheto, die Lampe betreffend" fehlt der Bezug auf das vom Bischof einst gestiftete Ewige Licht aus Silber. Die anlässlich der Examination der Leuchte durch einen reformierten Bischofszeller Goldschmied mittels Prüfstein erwiesene Unregelmässigkeit wird im Dokument nirgends näher angesprochen, doch dürfte es sich um die Quallität des Edelmetalls (Silber oder Gold), beispielsweise um die Verwendung einer wertmindernden Legierung, gehandelt haben. Der Reinheitsgrad von Edelmetall kann mittels Reiben mit dem Pfrüfstein oder Probierstein festgestellt werden. Genau diese Probe scheint in Bischofszell zu Ungunsten Rochetos ausgegangen zu sein. Der angeschuldigte Goldschmied aus Besançon wehrt sich, indem er den Prüfstein als ein zum Nachweis seiner Schuld nicht hinreichendes Beweismittel bezeichnet, vor allem aber durch die wiederholte Verunglimpfung des als Prüfer herangezogenen Bischofszeller Goldschmiedes, den er als Nichtsnutz [homo de niente] und ausserdem Feind des katholischen Glaubens bei den Chorherren in Misskredit bringen will. Er verlangt eine Untersuchung des Sachverhaltes vor einem bischöflichen Gericht in Konstanz, was nur am beanstandeten Material selbst denkbar ist, weshalb die entsprechende unklare Briefstelle wohl so verstanden werden muss, dass das Edelmetallgehäuse der Lampe in einem durch die Chorherren versiegelten Umschlag nach Konstanz gebracht werden soll.
Obwohl sich Rocheto nirgends ausdrücklich als Produzent der umstrittenen Leuchte bezeichnet, muss er im Gesamtzusammenhang als Verfertiger mindestens ihrer Edelmetallteile betrachtet werden.
Alte Signaturen:Signaturen vor 1770/71: -
Pupikofersche Signatur (1848): XXX.1702
Chronologisches Urkundenverzeichnis (1888/96): -
Zettelrepertorium (1937): 7'30'57
Level:Dossier
Ausprägung bei Ablieferung ans Staatsarchiv:analog
Konservierung/Restaurierung:Risse/Fehlstellen geschlossen; trockengereinigt (2024).
 

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