8'415 Reisebüro Mittelthurgau AG (1969-2001), 1969-2001 (Hauptfonds)

Archive plan context


Identifikation

Ref. code:8'415
Title:Reisebüro Mittelthurgau AG (1969-2001)
Creation date(s):1969 - 2001
Entstehungszeitraum, Streudaten:1969 - 2006
Level:Hauptfonds

Umfang

Running meters:5.10
Number:62

Kontext

Provenienz:Mittel-Thurgau-Bahn (MThB), Weinfelden
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben:Bei der Neuplanung des Hauptsitzes der Thurgauischen Kantonalbank in Weinfelden entwickelte sich bereits im Jahr 1963 die Idee eines thurgauischen Reisebüros. Schliesslich ging das Reisebüro Mittelthurgau (RMT) im Jahr 1969 als Tochterfirma aus dem Reisedienst der Mittel-Thurgau-Bahn (MThB) hervor. Zur Ermöglichung eines rationellen Einsatzes der Angestellten war ein Personalaustausch mit dem kommerziellen Dienst der MThB vereinbart worden. Das Reisebüro nahm für die Gemeinde Weinfelden auch die Funktion eines Verkehrsbüros wahr und wurde dafür entschädigt.

In der Reisebürobranche fand in den 1970er Jahren ein Trend zur Bildung von Grosskonzernen statt, wie z. B. Kuoni, Danzas oder Hotelplan. Der Kundschaft wurden vermehrt Pauschalreisen angeboten, in verschiedenen Preis- und Komfortkategorien. Das RMT vermittelte solche Angebote. Ein zweites Segment waren die Geschäftsreisen, die im Reisebürogeschäft eine immer wichtigere Rolle spielten.

Bereits 1972 wurde eine engere Zusammenarbeit mit dem Reisebüro Neff AG in Arbon in die Wege geleitet, um die Region Oberthurgau besser abdecken zu können. Im gleichen Jahr erfolgte die Anerkennung des RMT durch den Internationalen Luftverkehrsverband (IATA) als Passagentur. Durch den direkten Verkauf von Flugreisen erarbeitete das RMT einen grösseren Umsatz. Um erfolgreich wirtschaften zu können, setzte sich das RMT zum Ziel, "viel taktisches Verständnis, Flexibilität und Härte zu synchronisieren, und neue Aktionen sowie Expansionsgelüste sorgfältig zu überdenken".

Die ersten paar Jahre, die ständig leicht höhere Umsätze brachten, veranlassten den Verwaltungsrat, die Inbetriebnahme von Filialen in verschiedenen Regionen voranzutreiben. So wurde 1977 in Amriswil eine erste Filiale eröffnet, ihr folgten Winterthur ZH (1982), Eschlikon (1986), Kreuzlingen und St. Gallen (1987), Frauenfeld (1991) und Sargans SG (1992). An mehreren Standorten wurden bestehende Reisebüros übernommen und vom RMT weitergeführt: in St. Gallen dasjenige von "Lotos Reisen" (1987), in Frauenfeld dasjenige von Hugelshofer (1990), in Einsiedeln SZ dasjenige der Südostbahn (SOB, 1991) und in St. Gallen dasjenige der Bodensee-Toggenburg-Bahn (BT, 1991). Bereits im Jahr 1994 wurde die Filiale Sargans wegen zu geringen Umsatzes geschlossen, ein Jahr später auch die Filiale an der Spisergasse in St. Gallen.

Erstmals trat das RMT im Jahr 1974 als selbständiger "Touroperator" auf, indem es Wochenendreisen mit dem Trans-Europ-Express-Zug (TEE) durchführte. Vier Jahre später folgten umfangreichere Angebote, wie Reisen in die Camargue, nach Mexico und Hawai. Im Anschluss wurde dieses Angebot weiter ausgebaut. Bahngruppenreisen wurden mehr und mehr ein Schwerpunkt im Reiseprogramm.

Bis 1980 wurden die Jahresrechnungen von der Kontrollstelle revidiert. Diese bestand aus je einem Vertreter der Thurgauischen Kantonalbank, der St. Gallischen Kantonalbank und der Stadtverwaltung Konstanz. 1981 ersuchte dieses Gremium aber, das Kontrollstellenmandat an eine professionelle Revisionsgesellschaft zu übergeben, die in der Firma Ernst Thalmann AG in Weinfelden gefunden wurde.

Im Jahr 1981 beschloss die Generalversammlung, fünf Aussichtswagen des in den 1960er Jahren betriebenen "Rheingold-Expresszugs" der Deutschen Bundesbahn zu kaufen. Nach Instandstellung der Wagen wurden sie für mehrtägige Reisen durch Mitteleuropa eingesetzt, auf Bestellung auch für andere Zwecke. 1984 folgte die Anschaffung eines Speisewagens, 1986 der Kauf von vier Buffetwagen der Deutschen Bahn, die zu Schlafwagen umgebaut wurden. Im Jahr 1992 erwarb das RMT den "Nostalgie Istanbul Orient Express" (NIOE), 1994 den "Orient Express of America", der aber 1997 wieder verkauft wurde. Im Jahr 1998 kaufte das RMT 20 spanische Schlafwagen.
Damit war ein grosser Wagenpark im Besitz des RMT. Die Instandsetzung und Revision dieses meist älteren Rollmaterials verschlang aber grosse Summen Geld. Instandgesetzt wurde auch der legendäre "Rote Pfeil", der sogenannte "Churchill-Pfeil", der von den SBB bereits ausrangiert worden war.

Mit dem nostalgischen Rollmaterial wurden anfänglich Schnupperfahrten in der Region Ostschweiz und im angrenzenden Ausland angeboten. Dazu gehörten auch die Fahrten mit dem "Mostindienexpress". Mit den Orient-Express-Wagen wurden mehrtägige Reisen in Amerika organisiert, ebenso nach Nordeuropa und nach Russland und China. Eine ausführliche Fernsehreportage im Jahr 1993 über eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn nach China liess die Nachfrage nach Reiseangeboten auf dieser Strecke markant steigen. Mit diesen Reiseangeboten hatte das RMT eine Marktnische entdeckt, die von anderen Reiseveranstaltern nicht oder kaum genutzt wurde, und es hatte damit recht grossen Erfolg.

Ein zweites erfolgreiches Segment waren die angebotenen Schiffsreisen auf mitteleuropäischen Flüssen, die einen gehobenen Standard aufwiesen. Dafür hatte RMT von der in Paris ansässigen Firma Aqua Viva SA zwei Hotelschiffe übernommen, die auf der Seine, resp. der Rhone eingesetzt wurden. Weitere Flussschiffe für Reisen in Mitteleuropa und Russland wurden gechartert. Ab 1997 wurden auch Kreuzfahrten entlang von Küsten oder nach Südamerika und in die Karibik angeboten. Im Lauf der 1990er Jahre nahm die Anzahl der Schiffsreisenden deutlich zu, jene der Bahnreisenden hingegen ging zurück.

Die vielfältigen geschäftlichen Beziehungen sollen an dieser Stelle nur pauschal erwähnt werden. Beziehungen bestanden in alle Länder, in denen Reisen durchgeführt wurden. Das RMT beteiligte sich an Firmen, übernahm auch welche und verkaufte sie wieder. Im Jahr 1998 erfolgte die Gründung der Reisebüro Mittelthurgau Retail AG zur Weiterentwicklung des Wiederverkaufsnetzes und des Tour Operatings. Damit wurden die Geschäftsstellen Amriswil, Einsiedeln, Eschlikon, Frauenfeld, Kreuzlingen und Winterthur ausgelagert.

Die allgemeine Krise im Tourismus nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und dem Swissair-Grounding am 2. Oktober 2001 trafen die Reisebranche hart. Dazu kam im August 2001 eine Salmonellenvergiftung bei einer Touristengruppe, die auf einer Kreuzfahrt zum Nordkap unterwegs war. Rund ein Viertel der Reisenden und der Besatzung waren davon betroffen. Diese und andere Gründe führten dazu, dass die Reisebüro Mittelthurgau AG gezwungen war, im Herbst 2001 Nachlassstundung zu beantragen, was durch das Bezirksgerichtspräsidium Weinfelden am 24. Oktober 2001 bewilligt wurde. Der Bahnbereich wurde von der Mittel-Thurgau-Bahn (MThB) weitergeführt, den Bereich Schiffsreisen führte die Firma Twerenbold Reisen AG in Baden Aargau weiter. Die Wagen des russischen Orient-Express wurden an die Transeurop Eisenbahn AG, NIOE-Train de Luxe in Wien verkauft.

Verwaltungsratspräsidenten

1970-1991 Welter Alfred, Weinfelden
1991-2001 Joss Peter, Weinfelden

Geschäftsführer

1970 Aebli ?
1971 Bodmer P.
1971-2001 Kaufmann Hans, Bürglen
Bestandsgeschichte:Das Archiv der RMT AG gelangte zusammen mit dem Archiv der MThB mit der Ablieferung 2002-081 nach dem Konkurs der beiden Unternehmungen ins Staatsarchiv des Kantons Thurgau. Teile des Archivs wurden vom Konkursamt übernommen und später von der Firma Thalmann Treuhand AG, Weinfelden bis zum Ablauf der obligatorischen Aufbewahrungsfrist aufbewahrt. Diese Akten übernahm das Staatsarchiv am 8. Mai 2012 mit der Ablieferung 2012-022. Darin enthalten waren viele Buchhaltungsunterlagen, die nach der 10-jährigen Aufbewahrungsfrist kassiert werden konnten.

Aus den ersten zehn Betriebsjahren des RMT ist nicht viel mehr übriggeblieben als die Jahresberichte mit den Jahresrechnungen, sowie die Protokolle der Generalversammlungen und der Verwaltungsratssitzungen. Über die organisierten Reisen, über Direktionssitzungen und Personelles ist nichts mehr vorhanden. Erst ab Mitte der 1980er-Jahre ist die Tätigkeit des RMT besser dokumentiert. Die Akten der letzten zehn Betriebsjahre gelangten nach dem Konkurs zur Treuhandgesellschaft Thalmann in Weinfelden und waren nahezu vollständig.

Der Bestand wurde 2014 von Christof Sauter in rund 400 Stunden bearbeitet.
Direktübernahme von Provenienzstelle:Nein. Die Übernahme erfolgte von dem Konkursamt.

Inhalt und innere Ordnung

Bewertung und Kassation:Von den Rechnungsbelegen, die für die letzten zehn Betriebsjahre vollständig vorhanden waren, wurde eine Auswahl von einzelnen Jahrgängen bestimmt, der Rest wurde kassiert.
Von den mehrtägigen Reisen nach Nordeuropa, Russland und China wurde vom RMT pro Reise ein Ordner angelegt. Daraus wurden Teilnehmerlisten, Reiseprogramme, Rückmeldungen der Teilnehmer, Organisatorisches und, wenn vorhanden, Menüpläne übernommen.

Zugangs- und Benutzungsbedingungen:

Rechtsstatus:Eigentum des Staatsarchivs des Kantons Thurgau.
Zitiervorschlag:Fussnote: StATG 8'415, */*

Quellenverzeichnis: StATG 8'415 Reisebüro Mittelthurgau AG 1969-2001
Sprachen:deutsch, französisch, englisch, italienisch, russisch, chinesisch, japanisch

Sachverwandte Unterlagen:

Verwandte Verzeichnungseinheiten:StATG 8'414 Mittel-Thurgau-Bahn MThB
StATG 8'418 Frauenfeld-Wil-Bahn FW
 

Usage

End of term of protection:12/31/2021
Permission required:Keine
Physical Usability:uneingeschränkt
Accessibility:Oeffentlich
 

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URL: https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=427361
 

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