Ref. code: | 7'30, 16.8/17 |
Title: | Der Pfarrer von Bischofszell bittet um die Zustimmung zur formalen Trennung eines konfessionell gemischten Ehepaares |
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Rechtsakt-Typ: | Anfrage / Bewilligung |
Überlieferungsform: | Original |
Ausstellungsort: | Bischofszell |
Creation date(s): | 6/26/1722 |
Aussteller: | Benedikt von Hospental, Pfarrer und Chorherr in Bischofszell |
Adressat: | Offizial des fürstbischöflichen Hofes in Konstanz |
Regest: | Benedikt von Hospental, Pfarrer und Chorherr in Bischofszell, wendet sich in einem aktuellen Ehestreit aus Bischofszell an den (nicht namentlich genannten) Offizial des fürstbischöflichen Hofes in Konstanz und schildert den Hergang: "Vor neun Jahren gingen Isaak Lewerer, ein Bürger von Bischofszell und Protestant [acatholicus], und Barbara Schlechtenberger, Katholikin und vom Hof [palatinatus], in einem unter bischöflicher Herrschaft stehenden Ort die Ehe ein und wohnten da einige Jahre zusammen. Dann wurde der Ehemann seiner Ehefrau überdrüssig [pertaesus uxoris], verliess sie, kehrte in die Stadt Bischofszell zurück und nahm dort Wohnsitz. Nach einiger Zeit erschien die Ehefrau aus dem Hof in der Stadt, um nicht den Ehemann, aber vom Ehemann etwas Geld zu erhalten [ut non maritum, sed à marito possit habere aliquas pecunias]. Als sie von ihm 30 Gulden erhalten hatte, kehrte sie in den Hof zurück. Dieses Jahr aber kam die Ehefrau wieder und bedrängte den Ehemann erneut. Um sich von diesen Beschwernissen ganz zu befreien, ging der protestantische Gatte mit der katholischen Ehefrau einen Pakt ein und verpflichtete sich förmlich, 70 Gulden zahlen zu wollen und gleichermassen einige Auslagen für die Beherbergung zu übernehmen [et simul solvere aliquas expensas in hospitio], unter dieser Vorschrift und Bedingung, dass die Gattin nichts weiter mehr verlange, sondern auf jeden Anspruch auf Unterhalt oder Bevorschussung verzichte, so dass der Ehemann unbeschwert in Bischofszell leben könne und die Ehefrau wieder im Hof Wohnsitz nehme. Als sie diesen Vertrag so schriftlich aufgesetzt hatten, baten beide Parteien, dass der Vogt [praefectus], Freiherr von Thurn, ihn mit seinem Siegel bekräftige. Dieser wollte das aber nur tun, falls ich als Pfarrer meine Zustimmung dazu gebe und erkläre, dass ein solcher Vertrag erlaubt und gültig sein könne [diceremque id licitè et valide fieri posse], denn die genannte Übereinkunft klinge in der Sache wie eine formale Auflösung von gemeinsamem Haushalt und Ehebett [sonet in re quam divortium formale quoad thorum et mensam]." Pfarrer von Hospental erkundigt sich beim Offizial von Konstanz, ob man einem solchen Vertrag und einer formalen Trennung zustimmen könne und fügt als Gründe dafür ins Feld: 1. Wegen dem dauernden Zerwürfnis und anhaltendem Streit besteht keine Hoffnung auf ein künftiges Zusammenleben der beiden. 2. Beide Parteien geben ihr Einverständnis zu den genannten Bedingungen. 3. Die katholische Ehefrau würde (im Falle des Zusammenlebens) den Hass der protestantischen Verwandten des Ehemannes, die sehr auf ihre Konversion drängen [valde fervidis in sua reformatione], erdulden müssen. 4. Als Pfarrer könnte er eine Gefahr für die Seele dieser Frau in Kauf nehmen, falls sie weiter mit dem Mann zusammenleben müsste. 5. Die Ehefrau hat dieser Tage im Hof ihren Wohnsitz und ebenso ihre Nachkommen vom einstigen Gatten [ex priore marito proles], die in Fürsorge genommen werden können [quibus providere teneatur]. (Anspielung auf die katholische Erziehung der Nachkommen) In einer am 27.06.1772 unterzeichneten und auf der Eingabe des Pfarrers angehängten kurzen Antwort erlaubt der Offizial die Trennung von Haushalt und Ehebett bei gleichzeitiger Fortdauer der Ehe und gibt seine Einwilligung zur formalen Bekräftigung des Vertrages durch die weltliche Behörde. |
Dorsualvermerk: | Pfarrer ab Hospital, Bischoffzell d. 27. Junii 1722 wegen einem paar ehevolck. |
Sprachen: | Latein |
Beschreibstoff: | Papier |
Anzahl Blätter: | 2 |
Format B x H in cm: | 23.5 x 34.4 |
Siegel und andere Beglaubigungsmittel: | Eigenhändige Unterschrift des Ausstellers und Monogramm des Offizials unter der Rückantwort. |
Kommentar des Staatsarchivs: | Mit dem "divortium formale a mensa et thoro" ist eine Möglichkeit des kanonischen Rechts angesprochen, zerstrittenen Ehepartnern eine Trennung des Haushaltes zuzubilligen, ohne die Eheverbindung selbst aufzulösen, d.h. ohne die Ehescheidung zu vollziehen (vgl. LThK III, 1959, Sp. 710). Der Begriff "palatinatus" wird hier mit "Hof" übersetzt und meint den Immunitätsbezirk der Stiftshöfe und des Vogteischlosses, die unter dem Namen "im Hof" einen eigenen, von der Stadt Bischofszell exemten Rechtsbezirk bildeten. Vgl. dazu auch Knoepfli, KDM TG III, S. 122 f. Dieses Dokument ist zwar von Pupikofer dorsual dem Bestand VIII zugeordnet, aber von ihm im Repertorium nicht registriert worden. |
Alte Signaturen: | Signaturen vor 1770/71: - Pupikofersche Signatur (1848): VIII Chronologisches Urkundenverzeichnis (1888/96): - Zettelrepertorium (1937): 7'30'14 |
Level: | Dossier |
Ausprägung bei Ablieferung ans Staatsarchiv: | analog |
Konservierung/Restaurierung: | Nachgeleimt; Risse/Fehlstellen geschlossen; trockengereinigt; wässrig entsäuert (2021). |
Digitalisat: | 2022 |
Reproduktionsbestimmungen, Copyright: | Die Urheberrechte und Reproduktionsrechte liegen beim Staatsarchiv Thurgau. |
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Containers |
Number: | 1 |
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Files |
Files: | |
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Usage |
End of term of protection: | 6/26/1742 |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | uneingeschränkt |
Accessibility: | Oeffentlich |
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URL for this unit of description |
URL: | https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=324314 |
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