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9'30 Amt für Zivilschutz 1967-2003, 1945-2007 (Abteilung)
Identifikation |
Ref. code: | 9'30 |
Title: | Amt für Zivilschutz 1967-2003 |
Creation date(s): | 1945 - 2007 |
Entstehungszeitraum, Streudaten: | 1945 - 2007 |
Level: | Abteilung |
Umfang |
Running meters: | 15.70 |
Number: | 174 |
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Kontext |
Name der Provenienzstelle: | Amt für Zivilschutz
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Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben: | Organisation des Zivilschutzes
Im Jahr 1951 wurde der Bundesbeschluss betreffend den baulichen Luftschutz in Kraft gesetzt. Ortschaften mit mehr als tausend Einwohnern waren grundsätzlich verpflichtet, bei allen Neu- und grösseren Umbauten geeignete Schutzräume mit Notausstiegen zu erstellen. Zudem wurden sie verpflichtet, sukzessive zivile Schutz- und Betreuungsorganisationen aufzubauen. Alle übrigen Gemeinden hatten gemäss Artikel 16 des Bundesgesetzes über den Zivilschutz eine selbständige Kriegsfeuerwehr, verstärkt durch einen Rettungs- und Sanitätsdienst bereitzustellen.
Am 1. Januar 1963 trat das Bundesgesetz über den Zivilschutz vom 23. März 1962 in Kraft. Die bundesrätliche Vollzugsverordnung folgte am 1. Mai 1964. Auf kantonaler Ebene wurde das Einführungsgesetz über den Zivilschutz am 5. Dezember 1965 vom Thurgauer Volk angenommen. Der Aufbau und Ausbau von Zivilschutzorganisationen (ZSO) und der Bau von Schutzräumen für die Bevölkerung führten dazu, dass im Jahr 1967 die Belange des Zivilschutzes im neuen Amt für Zivilschutz zusammengefasst und von der Militärverwaltung getrennt wurden.
Im Laufe der folgenden Jahre wurden immer mehr Gemeinden verpflichtet, eine ZSO aufzubauen oder sich einer bestehenden anzugliedern. Um diese Aufgaben zu erfüllen, bildeten die Gemeinden Zweckverbände. Ab 1966 bestand die Organisationspflicht für Gemeinden über 1000 Einwohner. Ab 1968 galt in allen Gemeinden die Kriegsfeuerwehrpflicht. Im Jahr 1972 wurden 21 weitere Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern der ZSO-Pflicht unterstellt. Ihre Bezeichnung lautete: Leit-Zivilschutzorganisation (Leit-ZSO). Ab dem 1. Juli 1975 war das Amt für Zivilschutz die kantonale Zentralstelle für die Vorbereitung der Kriegswirtschaft. Ein Jahr später wurde es zur Koordinationsstelle der Gesamtverteidigung bestimmt. Ab 1978 schliesslich galt für alle Gemeinden die Organisationspflicht. Ortsgemeinden konnten sich davon allerdings befreien lassen. So gab es schliesslich 31 Leit- und 56 zugewiesene ZSO.
Im Jahr 1985 wurde die Zahl der zugewiesenen ZSO massiv verringert, nämlich von 56 auf 26; die Anzahl der Leit-ZSO blieb bei 31.
Am Ende der 1980er-Jahre änderte sich die militärische Bedrohungslage entscheidend; der Zivilschutz wurde mehr und mehr für Katastropheneinsätze geschult und eingesetzt. Mit der massiven Verkleinerung der Armee, wurden auch die Mannschaftsbestände des Zivilschutzes stark vermindert. Dies führte dazu, dass etliche kleine ZSO Mühe hatten, sämtliche abzudeckenden Bereiche mit genügend fachlich ausgebildetem Personal zu besetzen. Ein weiterer Zusammenschluss wurde im Jahr 1999 durchgeführt. Neu waren es nur noch 30 Leit- und 12 zugewiesene ZSO. Die Entwicklung hin zu weniger, aber grösseren Kreisen war damit aber noch nicht abgeschlossen. Denn im Jahr 2003 wurde eine Neueinteilung in 12 Kreise beschlossen, die ab 2004 Gültigkeit hatte. Die beiden Gemeinden Rickenbach und Wilen wurden der Region Wil SG angegliedert, die Gemeinde Neunforn gehörte schon seit Beginn zur Zivilschutzorganisation Ober-Stammheim ZH.
Aufgaben des Zivilschutzes
Die Hauptaufgaben des Zivilschutzes liessen sich in drei Bereichen zusammenfassen:
1. Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren und die Schutzmöglichkeiten 2. Schutz- und Rettungsmassnahmen 3. Betreuungsmassnahmen
Artikel 1 des Bundesgesetzes über den baulichen Zivilschutz sowie Regierungsratsbeschluss Nr. 614 vom 17. März 1970 legten das Ziel fest, jedem Bewohner des Kantons einen Schutzplatz zuweisen zu können. Verschiedene Arten von Schutzräumen wurden erstellt: private, öffentliche, Anlagen und Einrichtungen von Gemeinden und Betrieben sowie kantonale Bauten. Der Kanton war für die Koordination, die Ausbildung und die Inspektionen zuständig, die Gemeinden waren mit der Ausführung betraut.
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| Ein weiteres Aufgabengebiet war, Zivilschutz- und Rettungsmaterial zu beschaffen, um es in Notfällen sofort zur Verfügung stellen zu können. Zum persönlichen Material gehörten Helme, Schutzmasken, AC-Überwürfe zum Schutz vor atomarer oder chemischer Verseuchung. Rund 38'000 Schutzmasken waren als Kriegsreserve in vier regionalen Lagern verfügbar. Später wurden sie auf zehn regionale Lager verteilt, damit sie der Bevölkerung rascher zur Verfügung gestellt werden konnten. Zum Rettungsmaterial gehörten Motorspritzen, Eimerspritzen, Kompressoren, pneumatische Werkzeuge, Schneidgeräte, Kettensägen und schweres Rettungsmaterial. Dazu kamen Alarm- und Übermittlungsmaterial sowie Ausbildungsmaterial.
Ausbildung
Am 20. November 1969 fand die offizielle Eröffnung der kantonalen Ausbildungsstätte Galgenholz in Frauenfeld statt. In den ersten Jahren wurde ein Schwergewicht auf die Ausbildung künftiger Kaderleute gelegt. Erst ab 1974 wurde mit der Ausbildung der Mannschaftsangehörigen begonnen. Im Jahr 1975 erfolgte die Einrichtung von zwei regionalen Übungsplätzen in Romanshorn/Salmsach und Weinfelden. Verstärkt wurde auch die Zusammenarbeit mit anderen Rettungsorganisationen wie Notfalldienst der Spitäler, Feuerwehren, Polizei und Armee. Diese Zusammenarbeit wurde in Gesamtverteidigungsübungen getestet. Bei der Gesamtverteidigungsübung "Panzerjagd" im Jahr 1982 wurden über 3000 Schutzdienstpflichtige in die Übung miteinbezogen. Seit 1987 wurde die Ausbildung von Mannschaft und Kader klar getrennt, die Mannschaft wurde regional, das Kader kantonal ausgebildet.
Neuorganisation
Am 1. Juni 2003 übernahm das neu organisierte Amt für Bevölkerungsschutz und Armee die Aufgaben der früheren Militärverwaltung und des Amts für Zivilschutz.
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Bestandsgeschichte: | Die Ablieferungen in den 1990er-Jahren wurden direkt mit dem damaligen Amt für Zivilschutz durchgeführt. Nach der Zusammenlegung mit der Militärverwaltung zum Amt für Bevölkerungsschutz im Jahr 2003 wurden die Akten im Archiv dieses neuen Amts aufbewahrt. Sie waren getrennt von den Akten der Militärverwaltung. Die Ablieferung 2008-073 enthielt Archivalien von der Militärverwaltung und vom Amt für Zivilschutz. Die Akten der Militärverwaltung wurden beim Bearbeiten des Bestandes 9'17 aus dieser Ablieferung entnommen. Die ergänzende Ablieferung 2009-002 enthielt ausschliesslich Akten des ehemaligen Amts für Zivilschutz.
Die Ablieferung 2008-032 des Amts für Archäologie beinhaltete Akten der Kulturgüterschutzkommission aus den 1990er Jahren, da der frühere Amtsleiter Jost Bürgi mehrere Jahre lang Präsident dieser Kommission war. Aber auch in der Ablieferung 2008-073 befanden sich ältere Akten dieser Kommission.
Alle Teilablieferungen zusammen ergaben rund 40 Laufmeter Papierakten. Die Inhalte stimmten recht gut mit dem überein, was von diesem Amt erwartet wurde. Etwa zwei Drittel der Akten befanden sich in Ordnern, der Rest verteilte sich auf Schachteln, Hängeregisterablagen und Karteien. Den mengenmässig grössten Teil machten die Unterlagen zum Ausbildungswesen und zur Durchführung von Zivilschutzübungen und Gesamtverteidigungsübungen aus. Über die Beschaffung von Zivilschutzmaterial waren nur wenige Akten vorhanden.
Der Bestand wurde 2017 von Christof Sauter in rund 780 Stunden erschlossen.
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Direktübernahme von Provenienzstelle: | Ja.
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Inhalt und innere Ordnung |
Bewertung und Kassation: | Die Akten zu den kantonalen Ausbildungskursen waren sehr umfangreich. Aus den 1970er- und 1980er-Jahren blieb hauptsächlich Administratives erhalten: Aufgebotsschreiben, Teilnehmermeldungen mit Kursbestätigungen, Spesenabrechnungen, Teilnehmerlisten. Häufig wurden vom Bund vorgegebene Kursinhalte vermittelt, das Amt für Zivilschutz erarbeitete aber auch eigenes Kursmaterial. Oft wurden gleichartige Kurse für Mannschaftsangehörige in ganzen Serien durchgeführt. Um die Organisation und Durchführung solcher Kurse zu dokumentieren, genügte es, pro Kalenderjahr eine kleine, beispielhafte Auswahl zu treffen.
Ab den 1990er-Jahren wurde pro Kurs resp. Kurstyp ein Ordner angelegt, der nebst Organisatorischem auch Inhaltliches zum Kurs enthielt. Häufig wurden Kurse für Spezialisten angeboten (z. B. Rettungspioniere, Materialwarte, Motorspritzenführer usw.). Pro Kurstyp wurde mindestens ein Beispiel komplett aufbewahrt. Bei den übrigen Kursen wurden Organisatorisches, Spesenentschädigungen, Bagatellinformationen und Dubletten kassiert, ebenso Kursunterlagen des Bundesamts für Zivilschutz.
Neben den Ausbildungskursen waren auch die Zivilschutzübungen gut dokumentiert. Hier waren genauere Angaben über die Kursinhalte vorhanden, die aufzeigten, welche Übungsszenarien als Ausgangspunkt für solche Übungen angenommen wurden, von denen pro Jahr oft mehrere durchgeführt wurden. Informationen zu Übungsszenarien wurden aufbewahrt, ebenso Inhalte zur Durchführung und Auswertung solcher Übungen. Organisatorisches, Spesenentschädigungen, Bagatellinformationen und Dubletten zu den Übungen wurden kassiert, ebenso Informationsmaterial des Bundesamts für Zivilschutz.
Von den Stellungnahmen zu ärztlichen Zeugnissen und Dispensationen vom Zivilschutz wurde eine Auswahl "B" aufbewahrt (vergleiche 9'17, 3.1.0 Militärverwaltung: Dienstversäumnisse, Strafverfügungen). Listen der Eidgenössischen Steuerverwaltung betreffend Anzahl Diensttage der Mannschaftsangehörigen wurden kassiert. Ebenso Wehrpflichtersatzrechnungen an Mannschaftsangehörige. Zur Position 4.4 (Schutzräume in Wohnhäusern) existierten zwei Jahresordner "Gebührenerhebungen". Einer davon bildete ein einzelnes Jahr komplett ab und wurde archiviert, der zweite wurde kassiert. Ein Satz neuwertige, unbenutzte Landeskarten 1:25'000 mit allen Thurgauer Blättern (Stand 1972) diente dazu, den Sammlungsbestand zu ergänzen, der Rest wurde kassiert. Statistische Mitteilungen des Statistischen Amts des Kantons Thurgau zur Wohnbevölkerung 1975-1985 wurden kassiert.
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Zugangs- und Benutzungsbedingungen: |
Rechtsstatus: | Eigentum des Staatsarchivs des Kantons Thurgau.
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Zitiervorschlag: | Fussnote: StATG 9'30, */*
Quellenverzeichnis: StATG 9'30 Amt für Zivilschutz 1967-2003
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Sprachen: | Deutsch, Französisch.
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Sachverwandte Unterlagen: |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | StATG 4'142–145 Kriegswirtschaft und Notstandsarbeiten (1939–1975)
StATG 4'435 Ortswehren und Bürgerwehren (1914–1967)
StATG 4'437 Luftschutz und Zivilschutz: Organisation (1930–ca.1950)
StATG 4'438 Luftschutz und Zivilschutz: Bauten (1937–ca.1960)
StATG 9'17 Militärverwaltung (1967–2003)
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Veröffentlichungen: | Ginsburg, Theo: Zivilschutz gestern, heute, morgen, Bern 1962.
Handelshochschule St. Gallen: Der Zivilschutz - gesetzliche Grundlagen und organisatorische Durchführung, Einsiedeln 1963.
Sarholz, Hans: Zivilschutz und Zivilverteidigung, München 1965/66.
Brunner, Karl: Die Landesverteidigung der Schweiz, Frauenfeld 1966.
Bundesamt für Zivilschutz: Technische Weisungen für den privaten Schutzraumbau, Bern 1966.
Klingmüller, Arnold: Handbuch für Zivilschutz. Kompendium für zivilen Bevölkerungsschutz und erste Hilfe, Hagen 1967.
Engler, Hans: Die Zivilschutzorganisationen in der Schweiz, Bern 1970.
Aeberhard, Robert: Zivilschutz in der Schweiz, Frauenfeld 1978.
Amt für Zivilschutz des Kantons Thurgau: Bericht über den Zivilschutz im Rahmen der Truppenübung FAK 4 1982 "Panzerjagd", Frauenfeld 1983.
Bundesamt für Zivilschutz: Zivilschutz im Umbruch, Bern 1993.
Schweiz. Bundesamt für Zivilschutz: Schweizerisches Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung, Bern 1995.
Meier, Martin Matthias: Von der Konzeption 71 zum Zivilschutz 95. Der Schweizer Zivilschutz zwischen Sein und Schein, o.O. 2007.
Meier, Yves: Ein Grundpfeiler der schweizerischen Landesverteidigung im Diskurs, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 60 (2010), S. 212–236. |
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Usage |
End of term of protection: | 12/31/2027 |
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