Ref. code: | 7'30, 38.32/20 |
Title: | Vogt und Rat von Bischofszell entscheiden im Streit zwischen dem Stift und den Amsteinschen Erben um die Berücksichtigung von Währungsschwankungen bei der Kapitalablösung zugunsten des Stifts |
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Rechtsakt-Typ: | Vergleich |
Überlieferungsform: | Original |
Ausstellungsort: | (Bischofszell) |
Creation date(s): | 7/9/1677 |
Aussteller: | Vogt und Rat der Stadt Bischofszell |
Adressat: | Anwälte des Kollegiatstifts St. Pelagii in Bischofszell; Hauptmann Heinrich Zundel von Weinfelden als Mitinteressierter der Amsteinschen Erben |
Regest: | In der am 03.07.1677 gehaltenen Ratsversammlung von Vogt und Rat der Stadt Bischofszell erscheinen Franz Wech, Chorherr, und Franz Müller, Amtmann, als Anwälte des Kollegiatstifts St. Pelagii in Bischofszell und lassen durch ihren bewilligten Fürsprech vorbringen, dass das Stift vor vielen Jahren bei Frau Barbara Goldast sel. von Bischofszell gegen Zins Geld [etliche capitalia] aufgenommen hat. Das Stift wollte auf die Aufkündigung des Kredits [uff zuvor gethone uff- und abkhündung] durch die Erben von Christoph Amstein [Am Stain] sel. das Kapital in grossen Münzen [mit groben sorten] in dem jetzt gängigen Wert von 1 Dukate zu 3 Gulden und 9 Batzen geben, während die Amsteinschen Erben nicht nach der in dieser Landesgegend [landesrevier] gängigen, sondern nach der in der Stadt St. Gallen gebräuchlichen Umrechnung von 1 Dukaten zu 3 Gulden und 6 Batzen rechnen wollen. Dagegen lässt Hauptmann Heinrich Zundel [Zundell] von Weinfelden als Mitinteressierter der Amsteinschen Erben durch seinen Fürsprech erklären, dass er ohne Vorwissen seiner Obrigkeit zu der Klage keine Stellung nehmen könne, und er bittet um einen Aufschub [auffschlag]. Darauf lassen die Anwälte des Stifts erklären: Falls Zundel und die übrigen Erben die Kapitalien nicht zum landläufigen Umrechnungswert annehmen, wird das Stift das Kapital unter Protest in die Hand der Obrigkeit (d.h. von Vogt und Rat) geben und keine weiteren Zinsen mehr entrichten. Es wird erkannt, dass Zundel der von ihm begehrte Aufschub bis zum nächsten Ratstag gewährt werden soll. Die Gelder sollen beim Rat deponiert werden.
In der am 09.07.1677 gehaltenen Ratsversammlung repetieren die Anwälte des Stifts ihre zuvor eingereichte Klage. Zundel und seine Mitinteressierten berufen sich auf die mitgebrachte Obligation, die klar verlangt, dass die Kapitalien ohne Währungsänderung [bei kheiner münzverenderung] zurückbezahlt werden sollen. Sie erachten es als "billich und recht", dass das Stift das Kapital "in groben sorten", den Dukaten für 3 Gulden 6 Batzen berechnet, zurückzahlen muss, wie dies aus dem (wörtlich inserierten) Attest der Stadt St. Gallen hervorgeht, demgemäss in Käufen, Schuld- und Pfandverschreibungen und allen anderen Verträgen, die sich auf die Währung der Stadt St. Gallen beziehen, der Dukaten zu 3 Gulden und 24 Kreuzern und der Taler zu einem Gulden und zweiundvierzig Kreuzern und nicht höher gerechnet werden soll. Dagegen argumentieren die Stiftsanwälte: Obwohl der Dukaten im Wert um 3 Batzen gestiegen ist, bedeutet dies noch keine Währungsänderung [münzenderung]. Sie verweisen auf eine noch massivere, Jahre zurückliegende Wertsteigerung des Talers, die bei Schuldrückzahlungen auch nicht berücksichtigt wurde, wodurch mancher in den Ruin geraten sei. Sie erklären, mit dem Umrechnungssatz von 3 Gulden 6 Batzen keinen Gewinn zu erwirtschaften und dass dank der Zinszahlungen zur Landeswährung die Amsteinschen Erben keine Verluste zu beklagen haben. Zundel beruft sich darauf auf Artikel 15 des Stadtrechts von Bischofszell, der lautet: Vertragsrecht bricht Stadt- und Landrecht [dingt recht bricht statt- und landtrecht]. Weil die (vor Gericht gefertigte) Obligation verlangt, dass man die Kapitalien ohne Berücksichtigung von Währungsschwankungen [bei kheiner münzenderung] ablösen soll, verlangen die Erben Amsteins, dass das Stift die Dukaten in dem Wert, in dem sie empfangen worden sind, zurückbezahlen sollen. |
| Darauf wird auf Grund der verhörten Meinungen und der eingelegten Urkunden zu Recht gesprochen: Weil die Amsteinschen Erben seit 20 Jahren die Zinsen zur Umrechnung von 3 Gulden und 9 Batzen pro Dukaten erhalten und dagegen nicht protestiert haben, sollen sie jetzt auch die Kapitalablösung zum gleichen Umrechnungssatz hinnehmen. Der Satz von 3 Gulden und 9 Batzen gilt auch für künftige Kapitalablösungen. Dagegen kündigt Hauptmann Zundel für sich und seine Interessierten Beschwerde vor dem fürstbischöflichen Hofgericht in Konstanz an. Die Appellation wird zugelassen. Beide Parteien verlangen Beurkundung des Urteils. |
Dorsualvermerk: | Appellation brieff herren haubtman Heinrich Zundels von Weinfelden und deren Steinerischen interessierten erben zue Bischoffzell contra ein hochwürdig s. Pelagii collegiat stifft zue besagtem Bischoffzell, appellaten. |
Sprachen: | Deutsch |
Beschreibstoff: | Papier, fadengeheftet |
Anzahl Blätter: | 6 |
Format B x H in cm: | 20.4 x 33.8 |
Siegel und andere Beglaubigungsmittel: | Aufgedrücktes Wachssiegel, mit Papier belegt. Siegler: die Aussteller mit dem Siegel des Sebastian Ludwig von Beroldingen, Vogt von Bischofszell |
Kommentar des Staatsarchivs: | Die beiden Ratsversammlungen finden am Samstag (3. Juli) und dann wieder am Freitag (9. Juli) statt. Der Begriff "mit groben sorten" heisst - gemäss Idiotikon Bd. 2, Sp. 689 - mit grossen Münzen, die einen möglichst reinen Edelmetallgehalt aufweisen, da "grob" in dieser Zeit in erster Line "rein" bedeutet. Hintergrund des Streits ist eine leichte Wertsteigerung des Dukaten gegenüber dem Gulden. Wenn nun das in Gulden bezifferte Kapital in Dukaten zurückbezahlt werden muss, so bedeutet ein eingefrorener Umrechnungssatz, wie er offenbar in St. Gallen praktiziert wird, dass die Gläubiger vom Wertanstieg des Dukaten profitieren bzw. nicht unter dem Wertzerfall des Guldens leiden. Da die Zinsen von 5 % immer in Gulden ausbezahlt worden sind, hätte eine Berücksichtigung des Wertverlustes des Guldens gegenüber dem Dukaten bei der Zinsberechnung zu niedrigeren Zinseinnahmen geführt. Dies ist natürlich nicht geschehen, da der Prozentsatz vom in Gulden angegebenen Kapital auch in Gulden berechnet wird und damit unabhängig von Währungsschwankungen immer 5 Prozent beträgt. Auf diese Tatsache stützen die Anwälte des Stifts ihre Argumentation, und das Stadtgericht von Bischofszell folgt ihnen. |
Alte Signaturen: | Signaturen vor 1770/71: - Pupikofersche Signatur (1848): XXXII.1677 Chronologisches Urkundenverzeichnis (1888/96): - Zettelrepertorium (1937): 7'30'58 |
Level: | Dossier |
Ausprägung bei Ablieferung ans Staatsarchiv: | analog |
Konservierung/Restaurierung: | Nachgeleimt; Risse/Fehlstellen geschlossen; trockengereinigt; wässrig entsäuert (2024). |
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Containers |
Number: | 1 |
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Usage |
End of term of protection: | 7/9/1697 |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | uneingeschränkt |
Accessibility: | Oeffentlich |
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URL for this unit of description |
URL: | https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=516393 |
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