7'30, 40.1 Bisher nicht registrierte, aber innerhalb des Bestandes StATG 7'30 aufbewahrte Aktenbestände des ehemaligen Stiftsarchivs zum Prozess gegen Stiftsamtmann Sebastian Anton Müller wegen ungetreuer Amtsführung, 1693.04.10-1722.09.17 (Fonds)

Archive plan context


Ref. code:7'30, 40.1
Title:Bisher nicht registrierte, aber innerhalb des Bestandes StATG 7'30 aufbewahrte Aktenbestände des ehemaligen Stiftsarchivs zum Prozess gegen Stiftsamtmann Sebastian Anton Müller wegen ungetreuer Amtsführung
Kommentar des Staatsarchivs:Statt den in der Unterabteilung XXIX von Pupikofer registrierten Spennungsrödeln, Rödeln der Rosenkranzbruderschaft, Rödeln über den Ammannkernen und Rödeln über die Fasnachtshennen aus dem Zeitraum 1500-1689, die nach Ausweis älterer Markierungen schon früh fehlten, fand sich in der Schachtel 7'30'56 lediglich eine umfangreiche Aktensammlung zum Konflikt zwischen dem Stift und dem 1796 seines Amtes enthobenen Amtmann Sebastian Anton Müller. Gleichwohl war diese Aktensammlung bei der Neuordnung des Bestandes durch Bruno Meyer in den 1940er Jahren mit der Aufschrift "XXIX Stiftsökonomie" angeschrieben worden. In seinem Repertorium registriert Pupikofer diese im Repertorium von 1770/71 (StATG 7'30, 0/1) unter der Nummer 98 erfasste umfangreiche Sammlung lediglich mit dem lakonischen Hinweis "Prozeßacten, betreffend die Amtsführung des Stiftsamtmanns Sebastian Müller", versieht dorsual alle Dokumente mit ihrem Datum, gibt jedoch keinerlei Signatur an. Aus diesem Grund ist der Aktenbestand nicht der Unterabteilung StATG 7'30, 37.21 mit den Bestallungsurkunden der Stiftsamtmänner zugeordnet worden, wo er allerdings nach Art und Umfang auch einen Fremdkörper gebildet hätte. Denkbar wäre, dass man anlässlich einer Kassation von als unwichtig erachteten Materialien aus dem "toten Archivteil" nach 1848 statt der dafür vorgesehenen Akten zum Konflikt mit Stiftsamtmann Müller die bereits erwähnten Rödel über die Stiftsökonomie vernichtet hat. Falls diese Hypothese zutrifft, hätte eine solche Kassation irgendwann zwischen der Registrierung durch Pupikofer 1847 und der Neuordnung durch Bruno Meyer in der Mitte des 20. Jhs. stattgefunden und die hier versammelten Dokumente wären als Zufallsüberlieferung zu betrachten.

Der Konflikt mit Sebastian Anton Müller, dem Sohn des Wiler Schultheissen Franz Müller, der 1680-1696 Stiftsamtmann in Bischofszell war, entzündet sich an umfangreichen Schuldposten in der Amtsrechnung von 1696, die zum Vorwurf der ungetreuen Amtsführung und zur Entlassung Müllers führen. Die Schulden Müllers beim Stift werden in der Folge auf rund 3500 Gulden beziffert und vom Stift durch Rückgriff auf Müllers Bürgen zurückverlangt. Da hinter dem angeschuldigten ehemaligen Stiftsamtmann die im Territorialstaat des Fürstabts von St. Gallen gut vernetzte "Müllerische Freundschaft" - ein Fideikommiss - steht, gelingt es dem Stift vorerst nicht, das Rechtsverfahren gegen Müller vor die weltlichen Behörden (Landvogt, Tagsatzung) zu ziehen. Der Bischof von Konstanz und der Abt von St. Gallen bestehen auf einer gütlichen Einigung vor geistlichen Instanzen. Die Seite Müllers verlangt zudem einen "ehrenvollen Abschied" statt der schimpflichen Amtsenthebung und macht ihrerseits unerfüllte Ansprüche des Amtmanns aus dessen Amtszeit gegenüber dem Stift geltend. Der Konflikt scheint am 22.07.1700 durch die Leistung von 3500 Gulden Entschädigung durch Müllers Bürgen beigelegt, entzündet sich aber 1703 infolge neu zum Vorschein gekommener Verluste aus Müllers Amtszeit und wegen des Vorwurfs, dieser halte Stiftsdokumente zurück, von neuem und zieht sich in immer neuen Windungen bis 1710 hin. Das jüngste der erhaltenen Dokumente (das bischöfliche Schreiben vom 04.08.1710) erweckt nicht den Anschein, als sei der Konflikt schon beigelegt. Vielmehr scheint dessen Dokumentation mitten im schwelenden Verfahren einfach abzubrechen: ein weiteres Indiz für die Unvollständigkeit der hier vorliegenden Aktensammlung.
Sowohl über die dabei in Rechnung gebrachten Kosten wie über die im Konflikt produzierten Akten werden Inventare angefertigt. Letztere belegen grössere Verluste an Dokumenten der Prozess-Schriftlichkeit vor allem im Jahr 1699. Auf Seiten des Stifts agieren die katholischen Orte mit Hilfe der eidg. Landvögte. Als Kollaturstände haben sie ein Interesse an der Sanierung der Stiftsfinanzen und folglich an der unumschränkten Haftung Müllers. Auf der Seite Sebastian Anton Müllers stehen nebst seiner Familie der Abt von St. Gallen und dessen Landeshofmeister und - mindestens anfänglich - der Bischof von Konstanz und die bischöfliche Verwaltung in Meersburg.
Sämtliche Aktenstücke werden hier zwar einzeln, aber nur mit dem Standardformular durch ein allgemein gehaltenes Titelregest unter Angabe von Aussteller und Adressat und Angaben zur Überlieferungsform im Kommentarfeld registriert.
Creation date(s):4/10/1693 - 9/17/1722
Level:Fonds
 

Usage

End of term of protection:9/17/1742
Permission required:Keine
Physical Usability:uneingeschränkt
Accessibility:Oeffentlich
 

URL for this unit of description

URL: https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=510723
 

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