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Slg. 2.8 Ansichtskarten, 1890-2018 (Abteilung)
Identifikation |
Ref. code: | Slg. 2.8 |
Title: | Ansichtskarten |
Creation date(s): | 1890 - 2018 |
Level: | Abteilung |
Umfang |
Running meters: | 20.00 |
Number: | 27000 |
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Kontext |
Name der Provenienzstelle: | Diverse private Sammler (vgl. Bestandsgeschichte). |
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben: | Ansichtskarten (auch Ansichtspostkarten) sind Postkarten mit einem Adressfeld auf der Vorder- und einem Bilddruck oder einer Fotografie auf der Rückseite. Darin unterscheiden sie sich von den Bildpostkarten, die auf der Adressseite eine Illustration enthalten.
Hauptvoraussetzung für die Verbreitung von Post- und Ansichtskarten war die Einführung von Briefmarken, deren erste 1840 in England erschien. Raschen Zuspruch erfuhr das für kurze Mitteilungen bestimmte neue Kommunikationsmittel aufgrund seines kostengünstigeren Versandes gegenüber Briefen; die damit verbundene Offenlegung des Nachrichteninhaltes scheint dabei eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Als unmittelbarer Vorläufer der Postkarte gilt die "Correspondenzkarte" mit im Voraus bezahltem Wertzeicheneindruck (sogenannte Ganzsache). Nach ihrer offiziellen Einführung am 1. Oktober 1869 durch die österreichisch-ungarische Postverwaltung avancierte sie während dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 zum Massenkorrespondenzmittel. So waren bis im Dezember 1870 bereits zehn Millionen "Feldpost-Correspondenzkarten" verschickt, nachdem man den mobilen Truppen fünf Monate zuvor den portofreien Versand gewährt hatte. In der Schweiz erschien die erste "Carte-correspondance" mit integriertem 5 Cent-Wertstempel am 1. Oktober 1870. War ihr Versand zunächst nur innerhalb der Landesgrenzen möglich, so änderte sich dies mit der Gründung des "Allgemeinen Postvereins von 22 Staaten" (seit 1878: "Weltpostverein") am 9. Oktober 1874 im Berner Rathaus und eines damit verbundenen "Weltpostvertrages", der seit dem 1. Juli 1875 die internationale Zusammenarbeit der Postbehörden und die Rahmenbedingungen des grenzüberschreitenden Postverkehrs regelt. Im Zuge zunehmender Konsum-, Reise- und Reklamefreudigkeit sowie neuer drucktechnischer Möglichkeiten - u.a. der Erfindung der Steindruck-Schnellpresse, des Lichtdrucks und der Heliogravüre in den 1870er Jahren - gewann die Ansichtskarte ab Mitte der 1890er-Jahre rasch an Popularität (Postkartenbestand in der Schweiz 1870: 200'000 Stück; 1913: 112.5 Millionen Stück). Um 1904/05 wurde hierzulande die bis heute verbindliche Einteilung der einen Kartenseite in ein Adress-, Marken- und Stempelfeld rechts und ein Korrespondenzfeld links eingeführt, wobei das Adress- und das Korrespondenzfeld bis ca. 1907 eigens Vermerke dafür enthielten.
Während rund 100 Jahren sollte das Interesse am Versand von Ansichtskarten gross und ungebrochen bleiben - eine Erfolgsgeschichte, die zwischen ca. 1900 und 1913 ihren ersten Höhepunkt erreichte und erst mit dem Aufkommen der modernen Kommunikationsmittel E-Mail, Mobiltelefonie und Soziale Netzwerke eine massive Entschleunigung erfuhr. Hohes Ansehen geniesst die Ansichtskarte hingegen nach wie vor in Sammlerkreisen aufgrund ihrer breiten topografischen sowie kultur- und sozialgeschichtlichen Motivpalette. Als hauptsächliche drucktechnische Verfahren für die Bebilderung von Ansichtskarten gelangten die Lithografie (bis ca. 1894), die Ton- und Chromolithografie (ca. 1895-1906), die Schwarzweiss-Fotografie (ca. 1900-1965) und die Farbfotografie (ab ca. 1960) zum Einsatz, daneben auch Heliogravüre, Holzschnitt, Autotypie und Offsetdruck sowie etliche weitere Verfahren. Bezüglich Motivwahl trat seit jeher die sogenannte Topografiekarte, auf der eine örtliche Situation festgehalten ist, weitaus am häufigsten auf. Dies trifft auch auf die Sammlung des Staatsarchivs zu.
Der älteste Poststempel in der Sammlung stammt aus Steckborn und datiert vom 15. Juni 1892. Jedoch handelt es sich hierbei um eine zeitliche Ausnahmeerscheinung, denn die ältesten Poststempel auf Kantonsboden erscheinen erst ab den Sommermonaten 1896 in sich abzeichnender Häufung. |
| Ein Grossteil der in dieser Frühzeit versandten Ansichtskarten enthalten Bildmotive von Ortsgemeinden am Bodensee, am Untersee und am Rhein (Steckborn, Mannenbach, Salenstein, Kreuzlingen, Romanshorn, Tägerwilen, Gottlieben, Arbon und Diessenhofen). Am 22. Juli 1900 wurde die erste ostschweizerische Ansichtskartenausstellung in Ermatingen eröffnet (Thurgauer Jahrbuch 1901, Chronik). Beliebte und entsprechend häufig versandte Ansichtskartensujets im Thurgau bilden das Schloss Arenenberg, das Schloss Frauenfeld, das Kantonsspital Münsterlingen, das Romanshorner Hafenareal, die Kuranstalt Mammern, das Hotel Nollen in Hosenruck, das Schloss Sonnenberg in Stettfurt, das Schloss Hagenwil, das Schloss Weinfelden, Kirche und Kurhaus St. Pelagiberg in Gottshaus, das Schloss Salenstein und die Kaserne Frauenfeld. Weitaus am meisten Ansichtskarten der Sammlung entfallen auf die Gemeinde Frauenfeld, gefolgt von Romanshorn, Weinfelden, Arbon, Kreuzlingen und Amriswil.
Rund 85 Prozent der Ansichtskartensujets sind Schwarzweiss-Fotografien oder basieren auf solchen. Neben lokalen Berufsfotografen wie Max Burkhardt (1876-1957) und August Beerli-Fieger (1877-1966) in Arbon, Jakob Wartenweiler (1866-1924), Jacques II Studer (1884-1968), Karl Heim (1905-1999) und Oskar Schmid (1910-2006) in Amriswil, August Wegmann (1856-1922), Richard Kielinger (1877-1955), Richard Kopieczek (1884-1965), Fritz I Kopieczek (1913-1991) und Eugen Schwarz (1900-1980) in Romanshorn, Arthur Brugger (1891-1971), Jakob Fridolin Neuweiler (1900-1972) und die Kunstwerkstätte Josef Fugazza-Schauer in Kreuzlingen, Willy Müller (1884-1981) in Gottlieben, die Dobrzansky-Dynastie in Diessenhofen, Carl Friedrich Walder (1847-1917), Gottwalt Walder (1875-1950), Johann Siegfried Weber (1885-1963), Johannes Weber (1912-2003) und Max Hiltbrunner (1906-1984) in Frauenfeld sowie Jacques I Studer (1855-1924), Karl Rudolf Studer (1879-1918) und Karl Enz (1885-1959) in Weinfelden engagierten sich auch verschiedene Amateurfotografen, so etwa der Coiffeur Theodor Brüschweiler (1864-1935) in Egnach, Wirt und Coiffeur Alois Arnold Nagel (1886-?) in Kradolf, der "Geschäftsreisende" Fritz Jäkle junior (1872-1961) in Bottighofen bzw. Scherzingen, Jacob Brüllmann (1861-1941) mit seinem Kunstverlag in Andwil und nicht zuletzt der Landwirt und Konservator Jakob Hugentobler (1885-1966) sowie sein Nachfolger Isaak Walser (1852-1924), die nebenbei zahlreiche Motive des Napoleonmuseums für den Ansichtskartenbedarf auf Schloss Arenenberg knipsten. An ausserkantonalen Fotografen, die wiederholt im Thurgau tätig waren, sind vor allem Alfred Lichtensteiger (1873-1952) in Dietfurt SG, Carl Friedrich Emanuel Umiker (1867-1935), Ulrich Romberg und die Foto Gross-Dynastie in St. Gallen, Hermann Tschopp (1863-1930) und Albert Tschopp (1892-1965) in Wil SG, Andreas Hane (gest. 1940) in Rorschach SG, Ernst Gottfried Hausamann (1871-1958) in Heiden AR, Wilhelm Zimmermann-Strässler (1871-1946) in Luzern, Jean Gaberell (1887-1949) in Thalwil ZH sowie die Fotohandlung Bär, Anton Hugo Kopp (1902-1993), Abraham Ernst Furter (geb. 1903) und Andreas Rohner in Zürich zu nennen. |
| Unter den zahlreichen, im Zusammenhang mit Thurgauer Ansichtskarten genannten Verlagen gilt es namentlich Theodor Zingg (1863-1939) in Baden AG, A. Trüb und Cie. in Aarau, die Gebrüder bzw. Gustav Metz (gest. 1923) in Basel, Frei und Co. in St. Gallen, Josef Schönenberger in Wil SG, Jacob Ittensohn in St. Margrethen SG, Adolf Schmid-Rösli in Winterthur, die Gebrüder Wehrli (später Photoglob-Wehrli) in Kilchberg ZH bzw. Zürich, Leopold D. Guggenheim (1865-1940) und Max Roon in Zürich sowie Friedrich Stadler in Konstanz zu erwähnen.
Bei rund 10 Prozent der Verzeichniseinheiten handelt es sich um Flugaufnahmen, deren ersten 1919 vom Luftfahrtpionier und Fliegerfotografen Walter Mittelholzer (1894-1937) und seiner Ad Astra Aero AG angefertigt wurden. Weitere im Thurgau wiederholt aktive Fliegerfotografen waren Werner Friedli (1910-1966) in Zürich, Max Eggler (geb. 1922) in Jona SG, Hans II Gross (1911-1989) in St. Gallen, Aerofoto und Ernst Baumann in Winterthur sowie Paul Zaugg in Solothurn.
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Bestandsgeschichte: | Die Ansichtskartensammlung des Staatsarchivs des Kantons Thurgau setzt sich zur Hauptsache aus vier Teilsammlungen zusammen:
Sammlung Thomas C. Zwicky (1927-2016), ehemaliger Gemeindeangestellter, Frauenfeld Am 31. Januar 1995 erhielt Staatsarchivar Michel Guisolan eine Anfrage des ehemaligen Gemeindeangestellten und ab dem 25. Mai 1993 im Altersheim Stadtgarten domizilierten Thomas C. Zwicky betreffend integraler Überführung seiner seit 1941 zusammengetragenen Post- und Ansichtskartensammlung von ihrem gegenwärtigen provisorischen Mietstandort bei Rieser & Vetter AG "in den öffentl. Dienst". Die Übergabe der eine Schachtel umfassenden Schenkung ans Staatsarchiv des Kantons Thurgau erfolgte am 23. Mai 1995 (Empfangsbestätigung 59/1995).
Sammlung Herbert Grämiger (1949-2009), Gärtner, Kreuzlingen Im April 2011 ersteigerte das Staatsarchiv im Rahmen einer vom Notariat Kreuzlingen durchgeführten Nachlassliquidation für Fr. 250'000.- aus Mitteln des Lotteriefonds (RRB Nr. 384 vom 17. Mai 2011) ein umfangreiches, mehrspartiges Konvolut an Musikinstrumenten, Schallplatten, Zeichnungen und druckgrafischen Blättern, Büchern, Fotografien und Ansichtskarten. Die Instrumentensammlung wurde anschliessend dem Historischen Museum des Kantons Thurgau, Zeichnungen und Druckgrafiken dem Kunstmuseum Thurgau, ein Teil der Bücher der Kantonsbibliothek einverleibt; der gesamte Restbestand - darunter ca. 18'000 Ansichtskarten - ging ans Staatsarchiv.
Sammlung Toni Stachel, Bottighofen Im Mai 2013 erwarb das Staatsarchiv für Euro 60'000.- aus Mitteln des Lotteriefonds (RRB Nr. 311 vom 29. April 2013) ca. 6000 Ansichtskarten; ihr Ankauf erfolgte via Stade Auktionen in Grenzach-Wylen.
Sammlung Kantonsbibliothek Thurgau, Frauenfeld Am 19. September 2013 wurde die sechs Schachteln (0.4 Laufmeter) umfassende Ansichtskartensammlung der thurgauischen Kantonsbibliothek in die Obhut des Staatsarchivs übergeben (Ablieferungsprotokoll 2013-053).
Die Sammlung von Thomas C. Zwicky wurde ebenso wie vereinzelte Ansichtskarten-Eingänge bis 2010 durch Manfred Spalinger erschlossen. Diese insgesamt 2270 Verzeichniseinheiten wurden in die Neuerschliessung integriert, ihre Erschliessungsdaten wurden im Rahmen der Neuerschliessung der Sammlung durch Cornelia Stäheli in den Jahren 2016-2023 jedoch vollumfänglich erneuert.
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Inhalt und innere Ordnung |
Bewertung und Kassation: | Dubletten wurden magaziniert und im Kommentarfeld der Datenbank als solche ausgewiesen. Als Dubletten galten Abzüge, die der gleichen Auflage entstammen und somit vollkommen identisch sind. Trat ein Motiv hingegen identisch, aber in unterschiedlicher Ausstattung (z. B. abweichende Farbgebung, abweichender Begleit- oder Nachrichtentext, abweichende Seriennummer) auf mehreren Ansichtskartenexemplaren auf, so wurden diese nicht als Dubletten gewertet. |
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Zugangs- und Benutzungsbedingungen: |
Rechtsstatus: | Eigentum des Staatsarchivs des Kantons Thurgau. |
Zitiervorschlag: | Fussnote: StATG Slg. 2.8, */*
Quellenverzeichnis: StATG Slg. 2.8 Ansichtskartensammlung |
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Sachverwandte Unterlagen: |
Veröffentlichungen: | Fey, Dieter; Netzle, Simon: Diessenhofen in Ansichtskarten 19. und 20. Jahrhundert. Diessenhofer Beiträge zur Geschichte und Kultur 3, Diessenhofen 2007.
Gabathuler, Hans-Rudolf; Fey, Dieter: Vom Holzschnitt zum Smartphone. Diessenhofen in den Bildmedien, Diessenhofen 2020.
Hess, Fritz: Der Weltpostverein (Ein Beispiel friedlicher Zusammenarbeit), Sonderabdruck aus: Schweizerisches Archiv für Verkehrswissenschaft und Verkehrspolitik 10/1 (1955), S. 5-34.
Sax, Martin: Augenblicklich sind wir in hier! Weinfelder Postkartengrüsse aus der Zeit um 1900, Weinfelden 2015.
Stutz, Reinhard (Bearbeitung): Bundesfeierkarten. Idee und Wirkung, Handbuch und Katalog Sammlung Guido A. Zäch, Zofingen 2012.
Truniger, Florian: Sirnach - gestern und heute. Postkarten aus dem 19. und 20. Jahrhundert, o. O. (Kreuzlingen) 2011.
Verkehrs- und Verschönerungsverein Egnach (Hg.): Rundgang im Egnach 1898 bis 1935, Egnach 1991.
Wepfer, Hans-Ulrich: Postkartenschöner Thurgau, Frauenfeld 1981.
Wicki, Otto: Geschichte der Post- und Ansichtskarten, Bern 1996.
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