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9'49 Vermessungsamt 1899-2002, 1899-2002 (Abteilung)
Identifikation |
Ref. code: | 9'49 |
Title: | Vermessungsamt 1899-2002 |
Creation date(s): | 1899 - 2002 |
Entstehungszeitraum, Streudaten: | approx. 1880 - 2015 |
Level: | Abteilung |
Umfang |
Running meters: | 50.00 |
Number: | 829 |
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Kontext |
Name der Provenienzstelle: | Amt für Geoinformation |
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben: | Die Vermessung der Bodenoberfläche und die gewünschten Qualifikationen der damit betrauten Personen standen aufgrund der Bedeutung der Aufgabe für die Rechtssicherheit der Grundbesitzansprüche unter hoheitlicher Aufsicht. Kartographische Grundlagen waren zum einen unverzichtbar, um von herrschaftlicher Seite her Gerichts-, Lehens-, Zehnt- oder Steueransprüche innerhalb eines genau umrissenen Territoriums geltend zu machen, zum anderen dienten Karten und Pläne zur Dokumentation von Handänderungen, zur Planung von Verkehrswegen und nicht zuletzt auch zu militärischen Orientierungs- und Führungszwecken. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag die Initiative für die Vermessung des schweizerischen Territoriums weitgehend bei der eidgenössischen Militäraufsichtsbehörde, die in der Fortsetzung der laufenden Triangulation des ganzen Landes die Kantone aufforderte, topographische Aufnahmen ihres Gebiets zur Erstellung einer eidgenössischen Militärkarte durchführen zu lassen. Im Thurgau wurde 1827 der Strasseninspektor Johann Jakob Sulzberger mit der militärisch-topographischen Ausmessung des Kantonsgebiets betraut, die er zwischen 1830 und 1838 durchführte und auf deren Grundlage er seine Karte des Kantons Thurgau erstellte (vgl. Frömelt/Guisolan 1998).
Ab Kantonsgründung hatten die Behörden die Aufsicht über die Feldmesser und Geometer übernommen und 1807 festgesetzt, dass für die Ausübung dieser Tätigkeit ein Patent erforderlich sei, das vom Regierungsrat erst nach einer Prüfung erteilt würde (Beschluss des Kleinen Rats vom 07.01.1807, Tagblatt 6, S. 57 f.; Dekret des Regierungsrates betreffend die Ausführung der geometrischen Arbeiten vom 23.09.1852, Gesetzessammlung des Kantons Thurgau Bd. 4, S. 59-60; Prüfungsreglement für die Geometer und Feldmesser vom 27.04.1853, Gesetzessammlung des Kantons Thurgau Bd. 4, S. 63-65). Zur Prüfung der Kandidaten setzte der Regierungsrat 1858 eine Geometer-Prüfungskommission ein, deren Funktion um 1870 ein "Experte für den technischen Theil des Geometerwesens" übernahm. Nach 1888 ist keine kantonale Oberaufsicht über das Vermessungswesen belegt. Bereits 1896 wurde im Rechenschaftsbericht des Regierungsrates an den Grossen Rat das Bedürfnis nach einem Kantonsgeometer, der in Personalunion auch noch Kulturingenieur sein sollte, kundgetan. Die Bannvermessungen und die Rückstände in den Nachführungsarbeiten machten dies dringlich, zudem könne so das Strassendepartement im Bereich der Bachinspektion und -korrektion wesentlich entlastet werden (Rechenschaftsberichte des Regierungsrates über die Jahre 1898, S. 32-33, und 1899, S. 31). Im Jahr 1898 wurde die Stelle eines Kantonsgeometers geschaffen (StATG 2'00'21; 2'30'85-B), das Büro wurde am 1. April 1899 besetzt.
Die ersten Akzente setzte der Kantonsgeometer im Bereich der Bachkorrektionen, den Verifikationen in den verschiedenen Gemeinden sowie in den Schaffhauser Staatswaldungen am Kohlfirst und im Schaaren. Darüber hinaus wurden die Grundlagen für künftige Vermessungen gelegt, indem alte Vermessungspunkte kontrolliert und der Steinsatz vorgenommen wurde. 1901 erhielt der Kantonsgeometer einen ersten (Rechenschaftsberichte des Regierungsrates über die Jahre 1900, S. 36, und 1901, S. 33) und 1903 einen zweiten Assistenten (Rechenschaftsbericht des Regierungsrates über das Jahr 1903, S. 36). Mit den Vermessungen im Rahmen der Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs 1912 und den Bundessubventionen im Bereich der Grundbuchvermessung fand zusehends eine engere Zusammenarbeit mit der Abteilung für Landestopografie und dem Eidgenössischen Justizdepartement statt (Genehmigungsinstanz für die Grundbuchvermessung, vgl. Rechenschaftsberichte des Regierungsrates über die Jahre 1910, S. 64, und 1912, S. 64).
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| Mit dem 1908 geschaffenen Meliorationsamt wurde ein enges Band geknüpft, das nicht zuletzt auch mit den Bestimmungen des Bundesrats über die Güterzusammenlegung in den Jahren 1918 und 1924 noch enger wurde. Die Erlasse besagten, dass eine Parzellarvermessung über Meliorationsperimeter zwingend parallel zu erfolgen habe (Rechenschaftsbericht des Regierungsrates über das Jahr 1924, S. 40-41). Während der Zwischenkriegsjahre, besonders aber auch während des Zweiten Weltkriegs begleitete das Kantonsingenieur-Bureau Entwässerungs- und Güterzusammenlegungsprojekte im Rahmen der kriegswirtschaftlichen Massnahmen (Rechenschaftsberichte des Regierungsrates über die Jahre 1941, S. 29, und 1944, S. 39-33). Während dieser Zeit blieben die Vermessungsoperate indes liegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die fotogrammetrische Aufnahme der Übersichtspläne 1:5000, die Schritt um Schritt auf alle bislang noch nicht vermessenen Gebiete (Diessenhofen, Berlingen-Herdern und Hinterthurgau) ausgedehnt wurden. Sie dienten als Grundlage für die neuen Landeskarten gemäss Bundesgesetz vom 21. Juni 1935 (Rechenschaftsbericht des Regierungsrates über das Jahr 1953, S. 31).
Im Thurgau wurde die Erstellung und Nachführung der Vermessungswerke, anders als in übrigen Kantonen, in der Regel von ortsansässigen Privatgeometern im Auftrag der Gemeinden durchgeführt. Die Ankündigung des Kantons im Jahr 1924, einen besonderen Nachführungskreis Romanshorn einzurichten, führte zu heftigen Protesten der Privatgeometer und zu grundsätzlichen Diskussionen über die Effizienz staatlicher und privater Stellen sowie die umstrittene Durchführung von Vermessungsarbeiten im Akkord. Die amtliche Vermessung stand folglich im Kanton Thurgau in einem Dreieck zwischen Kantonsgeometer bzw. Vermessungsamt und den staatlichen Vermessungskreisen Frauenfeld und Weinfelden, den privaten Geometern und den Gemeinden. Zu Reibungen zwischen der Dienststelle und den privaten Geometern führten insbesondere die dem Auftragsverhältnis zugrundeliegenden Tarife, die zwischen dem Bund und dem Berufsverband verhandelt wurden. Die nach Aussage des Amtsvorstehers Robert Vögeli "zähen Verhandlungen" auf Bundes- und Verbandsebene kamen erst 1968 zu einem erspriesslichen Ende und führten am 19. Juli 1968 zum Anschluss des Kantons Thurgau an die Vereinbarung zur paritätischen Taxierung zwischen dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement und dem Berufsverband. (vgl. Rechenschaftsberichte des Regierungsrates über die Jahre 1965, S. 45, und 1968, S. 43; RRB Nr. 1668 vom 19.07.1968).
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| 1971 erliess der Bundesrat eine revidierte Verordnung über die Grundbuchvermessung, die eine "Parzellarvermessung nach einem vereinfachten Verfahren" mittels Fotogrammetrie erlaubte. Dies ermöglichte es, dass die noch grossen nicht vermessenen Gebiete im Thurgau mit einem reduzierten Einsatz örtlicher Ingenieur-Geometer durchgeführt werden konnten (Rechenschaftsbericht des Regierungsrates über das Jahr 1971, S. 54). 1976 waren die Grundbuchvermessungen von über 70 Prozent des Kantonsgebiets eidgenössisch anerkannt, für rund 19 Prozent der Fläche lagen Güterzusammenlegungspläne im Format 1:1000 vor und für rund 11 Prozent gab es Parzellarübersichtspläne im Massstab 1: 5000. Der Rückstand der Grundbuchvermessungen wurde auf die bundesrätliche Bestimmung zurückgeführt, wonach Vermessungen erst nach Abschluss von aufwändigen Meliorationsprojekten bzw. dem Erreichen eines vermarkungswürdigen Zustands zu erfolgen hätten (Rechenschaftsbericht des Regierungsrates über das Jahr 1976, S. 68-71, Übersichtskarte S. 65).
Im Jahr 1987 gab die Eidgenössische Vermessungsdirektion unter der Bezeichnung PLANCATO einen Katalog der Plan- und Kartengrundlagen der Schweiz heraus, der durch einen kantonalen Teil ergänzt wurde (Rechenschaftsbericht des Regierungsrates über das Jahr 1987, S. 74). Im Folgejahr startete das Vermessungsamt das Pilotprojekt Parzellarinformationssystem PARIS. Über die automatische Datenverarbeitung sollte das Vernehmlassungsverfahren für die Grundbuchführung vereinfacht werden. Die Zusammenarbeit zwischen dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und den Kantonen sah gesamtschweizerisch vier Pilotgemeinden vor, darunter Bottighofen (Rechenschaftsbericht des Regierungsrates über das Jahr 1988, S. 69). Die im Pilotversuch gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse sollten in die "Reform der Amtlichen Vermessung RAV" einfliessen. Der Abschluss des Pilotprojekts PARIS erfolgte 1993 und überschnitt sich mit einem weiteren Datenverarbeitungsprojekt, dem Geographischen Informationssystem des Kantons Thurgau ThurGIS. Um für letzteres möglichst umgehend eine solide Datenbasis zu erarbeiten, wurden die Grundbuchvermessungen mittels des vereinfachten Verfahrens RaNu (Rasche Numerisierung) erfasst und bis Ende 2001 abgeschlossen (Rechenschaftsberichte des Regierungsrates über die Jahre 1993, S. 34, 1994, S. 29, und 2001, S. 56). Die Geschäftsstelle des Trägervereins GIV (Verein GIS Verbund Thurgau) - eine Kooperation zwischen Kanton, Gemeinden und Privaten - wurde beim Vermessungsamt angesiedelt.
1995 wurde die Arbeit des Vermessungsamts mit der Verordnung über die amtliche Vermessung dem neuen Bundesrecht angepasst und per 1. Januar 1996 in Kraft gesetzt. Damit gingen Anpassungen im Rechnungswesen und die weitere Übergabe amtlicher Vermessungen an private Geometer (Rechenschaftsberichte des Regierungsrates über die Jahre 1995, S. 28, und 1996, S. 35-36) einher. Das Vermessungsamt wurde 2002 in Amt für Geoinformation umbenannt, dies zog keine einschneidenden Umstrukturierungen oder Kompetenzwechsel nach sich: Nach wie vor lagen die Hauptaufgaben der Dienststelle in der amtlichen Vermessung (Leitung/Planung, Realisierung/Verifikation, Nachführungsverifikation und periodischer Unterhalt, Prüfung der Landesgrenzen), der Pflege des Grundlagennetzes sowie Unterhalt und Weiterentwicklung von ThurGIS inklusive Führung der Geschäftsstelle (Geschäftsbericht Thurgau über das Jahr 2003, S. 60-62).
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| Übersicht über die Bezeichnung der Dienststelle, die seit 1899 stets zum Departement des Innern gehörte:
1899-1920 Kantonsgeometer 1921-1949 Kantonsgeometerbureau 1950-1972 Kantonales Vermessungsamt 1973-2003 Vermessungsamt 2003- Amt für Geoinformation
Kantonsgeometer
1899-1903 Hüblin [Hüeblin] Hans Jakob 1903-1912 Leemann Walter (1901-1902 Adjunkt Kantonsgeometer) 1913-1944 Possert Otto 1945-1976 Voegeli-Altwegg Robert 1977-2004 Rickenmann Ernst
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Bestandsgeschichte: | Der Bestand setzt sich einerseits aus Rückstellungen des bereits früher erschlossenen Bestands 4’08 Staatsterritorium zusammen, welcher Unterlagen zur Grundbuchvermessung, Marchenbeschriebe und allgemeine Akten zur amtlichen Vermessung im 19. Jahrhundert beinhaltet, andererseits aus der Gesamtablieferung des Amts für Geoinformation vom 21.12.2015 (Ablieferung 2015-043), welche vom langjährigen Mitarbeiter Werner Ulrich unter Begleitung des Staatsarchivs nach dem Registraturplan von 2006 vorbereitet worden war.
Die im Amtsarchiv des Vermessungsamts bzw. des nachfolgenden Amts für Geoinformation aufbewahrten Messinstrumente gingen in die Sammlung des Historischen Museums Thurgau über (Inventar-Nr. T 21501-T 21637).
Der Bestand wurde im Jahr 2019 nach einem Erschliessungskonzept von Ernst Guggisberg von Lynn Zimmermann während 1850 Stunden erschlossen.
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Direktübernahme von Provenienzstelle: | Ja. |
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Inhalt und innere Ordnung |
Bewertung und Kassation: | Kassiert wurden Hilfsmittel für die Parzellarvermessung wie Grundbuchblatt-Übersichten und Feldkrokis, die durch die Erschliessung des Bestands 9'50 Parzellarvermessung obsolet geworden sind, ebenso Vorstufen und Probeausdrucke von Rahmen- und Übersichtsplänen sowie ein privater Monatskalender eines Mitarbeiters des Vermessungsamts. Vermessungsunterlagen betreffend die Landesgrenze Schweiz-Deutschland wurden in den Pertinenzbestand "Landesgrenze Tägermoos", Unterlagen zur Nomenklatur in den Bestand "Thurgauer Namenbuch" umplatziert.
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Ordnung und Klassifikation: | Der Bestand wurde auf der Grundlage des - retrospektiv angewandten - Registraturplans 2006 bis auf Stufe Dossier erschlossen. Anpassungen wurden vor allem im Fonds 9'49 1.1 Verifikationsunterlagen nach Gemeinden vorgenommen. Die Amtsablage musste mit den Handakten eines ehemaligen Mitarbeiters abgeglichen werden, weil sich viele Dubletten darin befanden und die rechtskräftigen Dokumente häufig nur in den Handakten vorhanden waren.
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Zugangs- und Benutzungsbedingungen: |
Rechtsstatus: | Eigentum des Staatsarchivs des Kantons Thurgau.
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Zitiervorschlag: | Fussnote: StATG 9'49, */*
Quellenverzeichnis: StATG 9'49 Vermessungsamt 1899-2002
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Sprachen: | Deutsch. |
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Sachverwandte Unterlagen: |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | StATG 4'08 Staatsterritorium: Einteilung, Abgrenzung, Vermessung.
StATG 9'38 Meliorationsamt.
StATG 9'50 Parzellarvermessung.
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Usage |
End of term of protection: | 12/31/2022 |
Permission required: | Keine |
Physical Usability: | uneingeschränkt |
Accessibility: | Oeffentlich |
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URL for this unit of description |
URL: | https://query-staatsarchiv.tg.ch/detail.aspx?ID=546683 |
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